BGH: Schwarz/weiß Geschmacksmuster gewährt Schutz in allen Farben

19. November 2011 | Von | Kategorie: News
unerlaubte Nachahmung; Quelle: BGH Urteil vom 24.03.2011

unerlaubte Nachahmung; Quelle: BGH Urteil vom 24.03.2011

Der im Marken- und Designrecht tätige Rechtsanwalt kennt die Situation: Der Designer ist stolz auf seine neuen Möbelentwürfe; der Firmengründer stolz auf sein vom Grafikdesigner erhaltenes Firmenlogo. Jetzt kommt der Rechtsanwalt und will die schicken Hochglanzentwürfe in schwarz/weiß als Geschmacksmuster oder Marke anmelden. Die Enttäuschung ist groß. Es ist meist die erste Veröffentlichung.

Dass die Empfehlung des Rechtsanwaltes in der Regel richtig ist, zeigt die jetzt veröffentlichte Begründung des Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 24. März 2011.

Was war geschehen?

Senator Geschmacksmuster DE 40206098.9; Quelle: DPMA

Senator Geschmacksmuster DE 40206098.9; Quelle: DPMA

Geklagte hatte der bekannte Schreibgerätehersteller Senator aus dem hessischen Groß-Bieberau aus seinen im Jahre 2003 in schwarz/weiß eingetragenen Geschmacksmustern für Schreibstifte. Nach eigenen Angaben von Senator stammen 2/3 der in Deutschland zirkulierenden Werbekugelschreiber von ihm. Die Kugelschreiber selbst werden in allen möglichen Farben und mit verschiedenen Aufdrucken hergestellt.

Die Beklagte bot Werbekugelschreiber unter der Marke „Tornado“ an. Deren spiralartiger Stiftkörper war identisch zum schwarz/weißen Geschmacksmuster von Senator; jedoch nicht in schwarz/weiß. Sie wurden stattdessen auf Kundenwunsch in unterschiedlichen Farben und mit unterschiedlichen Aufdrucken versehen.

Die Rechtslage im Geschmacksmusterstreit

Der Bundesgerichtshof führt nun aus, das OLG München habe als Vorinstanz die farbliche Gestaltung zu unrecht bei der Beurteilung des Gesamteindrucks berücksichtigt. Stattdessen stellt es klar:

Ist die graphische Darstellung eines Musters in Schwarz-Weiß gehalten, ist bei der Verletzungsprüfung die angegriffene Form grundsätzlich von der farblichen Gestaltung zu abstrahieren, wenn nicht bei der angegriffenen Ausführungsform Kontrastfarben verwendet werden, die …

Die Einschränkung zu den Kontrastfarben bedeutet, dass Hell-Dunkel-Kontraste in einem Geschmacksmuster Einfluss auf den Gesameindruck haben können. Reine Schwarz-Weiß-Geschmacksmuster ohne Kontrast schützen dagegen die abgebildete Form abstrakt.

Fazit: Wenn durch das Geschmacksmuster Schutz für die abstrakte Form und nicht das konkrete Motiv beansprucht wird, sollte es in schwarz-weiss ohne Hell-Dunkel-Kontraste angemeldet werden. Damit erhöht sich jedoch das Risiko, dass es identische Design bereits vor der Geschmacksmusteranmeldung gab. Gegen dieses Risiko hilft, das Geschmacksmuster in verschiedenen Varianten anzumelden.

(Quelle: BGH, Urteil vom 24.03.2011, Az. I ZR 211/08 – Schreibstifte)

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