Unlauterer Wettbewerb: Auch ohne Schutzrechtsverletzung können Nachahmungen unter dem Gesichtspunkt des Ausnutzens der Wertschätzung rechtswidrig sein; wie das OLG Frankfurt a.M. wieder einmal bestätigte.
Als „Prestige-Objekt für den mittleren Geldbeutel“ sind die faltbaren LONGCHAMP Damenhandtaschen bekannt und jetzt auch obergerichtlich bestätigt vor Nachahmung geschützt. Für diese Erkenntnis sind 58.889,40 Euro an Gerichtsgebühren und gesetzlicher Rechtsanwaltsvergütung angefallen, die vom Unterlegenen zu bezahlen sind. Hinzu kommen Schadenersatzzahlungen und Auslagen.
Junge, modebewusste Frauen kennen diese Taschen seit langem. Auch Angela Merkel und Kate Moss besitzen mehrere dieser Taschen. Sie schätzen das schlichte Design und die pfiffige Falttechnik, die als prägendes Merkmal dieser Taschenform verstanden wird.
In dem Rechtstreit wegen unlauteren Wettbewerbs vor dem OLG Frankfurt a.M. verteidigt die Longchamp AG ihre Position aus der Vorinstanz: Einem Mitbewerber wurde untersagt, seine Nachahmungen auf dem deutschen Markt anzubieten und zu bewerben. Zusätzlich muss über die Vertriebswege Auskunft erteilt, die Bücher offengelegt und Schadenersatz geleistet werden.
Mit sogenannten Me-too-Produkten, müssen sich erfolgreiche Hersteller häufig auseinandersetzen. DESIGNSCHUTZnews hatte in einem ähnlich gelagerten Fall zu den Damenhandtaschen im Bottega Veneta – Stil bereits berichtet.
Ausschlaggebend für diese Entscheidung is, die wettbewerbliche Eigenart und Bekanntheit der Damenhandtasche. Im Urteil stellen die Richter fest:
Der wettbewerblichen Eigenart steht nicht die „Schlichtheit“ der Taschen entgegen. Vielmehr begründe gerade die unaufdringliche, harmonische Kombination der Merkmale die Eleganz der Taschen.
Das hohe Maß der Bekanntheit stärkt die wettbewerbliche Eigenart:
Die wettbewerbliche Eigenart ist durch die Bekanntheit bei den maßgeblichen Verkehrskreisen erheblich gesteigert.
Zahlreiche Presse- und Zeitschriftenartikel in Mode- und Frauenzeitschriften belegen die Bekanntheit. Die Tasche würde jedes Jahr weit über eine Million mal verkauft.
Nachahmung oder selbständige Zweitentwicklung?
Wettbewerbsrechtlich unlauter sind nur Nachahmungen und nicht zufällige Parallelentwicklungen. Von einer erlaubten selbständigen Zweitentwicklung kann in diesem Fall nach Einschätzung des Gerichts jedoch nicht die Rede sein. Dem Hersteller des Plagiats waren die LONGCHAMP Taschen gut bekannt.
Denn es wurden sämtliche prägenden Merkmale des erfolgreichen Taschenmodells teilweise identisch (Trapezform, Materialkontrast, Faltbarkeit) teilweise nachschaffend (Überwurf, Besatzstücke und Henkel aus Leder, Druckknopf) übernommen. Die Tasche lässt sich ebenfalls, wie ein Stadtplan zusammenfalten. Diese raffinierte Knickführung führte auch zu dem großen Erfolg dieses Modells.
In der Gesamtschau stellt sich das Anbieten und Bewerben der nachgeahmten Tasche als unlauter dar. Die weit günstigeren Nachahmungen können vom Verkehr mit dem Original verwechselt werden. Durch die günstigeren Materialien und die eventuell schlechtere Verarbeitung wird die Wertschätzung des Originals ausgenutzt und zugleich dessen Ruf geschädigt.
(Quellen: Urteil OLG Frankfurt a.M. vom 11.6.2015 – 6 U 73/14; Vorinstanz: Urteil LG Frankfurt a.M vom 27.3.2014 – 2-03 O 89/13)