Trettbrettfahrer-Rechnungen nach Geschmacksmuster- und Markenanmeldung

4. Juli 2011 | Von | Kategorie: News
Rechnung des AZIS Deutsches Zentralregister für Marken und Patente München

Rechnung des AZIS Deutsches Zentralregister für Marken und Patente München

Seit Jahren fallen Anmelder von Geschmacksmustern und Marken auf Sie herein, obwohl das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) und das europäische Markenamt (HABM) regelmäßig vor ihnen warnen: Falsche Rechnungen von Trittbrettfahrern. Betrüger nennen wir sie nur deshalb nicht, weil dies als falsche Tatsachenbehauptung angreifbar sein könnte.

Auch DESIGNSCHUTZnews hat am 29. Juni 2011 eine solche Rechnung erhalten, nachdem das neue von stockwerk Berlin entwickelte Logo als Geschmacksmuster eingetragen wurde. 984,31 Euro soll für die Aufnahme des Logos in das „deutsche elektronische Zentralregister für Marken und Patente“ des „AZIS Deutsches Zentralregister für Marken und Patente München“ bezahlt werden. Zum Vergleich: Für Anmeldung und Eintragung eines deutschen Geschmacksmusters fallen amtliche Gebühren von 60 Euro an.

Möglicherweise gibt es das „Deutsche Zentralregister für Marken und Patente“ sogar. Nur ist es für DESIGNSCHUTZnews nicht auffindbar und es hat keinerlei Relevanz. Denn wer Geschmacksmuster recherchieren möchte, erledigt das selbstverständlich in den kostenfreien Datenbanken von DPMA, HABM oder WIPO. Nur deren Auszüge haben vor Gericht Beweiskraft.

Die Geschäftsbedingungen für die Aufnahme in das „Zentralregister“ sollen laut AZIS-Rechnung auf der Internetseite www.zrmp.de eingesehen werden können. Doch auf der Seite ist lediglich ein Platzhalterlayout geschaltet ohne Impressum oder sonstige Inhalte. Inhaber der Domain ist laut DENIC eG eine Galina Sevgalinova aus Offenbach am Main; vermutlich eine erfundene Person. Denn die DENIC eG prüft bei der Domainregistrierung weder Identität noch Anschrift und hilft Abzockern auch sonst sehr tatkräftig (siehe eRecht24 vom 16.06.2011).

Staatsanwaltschaften verfolgen Strafanzeigen wegen solcher Rechnungen nicht, weil beim genauen Hinsehen erkennbar sei, dass es sich nicht um eine Rechnung des offiziellen Amtes handelt. Nach Informationen von DESIGNSCHUTZnews soll selbst eine Strafanzeige des DPMA nicht weiterverfolgt worden sein.

Wer genau hinsieht, stellt auch tatsächlich fest, dass auf der Rechnung weder Rechtsform, Handelsregisternummer, Geschäftsführer, Steuernummer oder Rechnungsnummer angegeben ist. Aus diesem Grunde ist den Verantwortlichen auf zivilrechtlichem Wege schwer beizukommen. Denn für eine Klage auf Rückzahlung oder Unterlassen muss der Beklagte korrekt bezeichnet werden.

Etwas Entscheidendes fehlt in der Rechnung ebenfalls: Der Ausweis der Umsatzsteuer. Dies hat DESIGNSCHUTZnews zum Anlass genommen, die Rechnung wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung an das Finanzamt München weiterzuleiten. Denn das Finanzamt dürfte die Möglichkeit haben, den Inhaber des auf der Rechnung angegebenen Kontos bei der norisbank festzustellen.

Ein anderer tatsächlich im Handelsregister eingetragener Trittbrettfahrer, die DMV Deutsche Markenverlängerung GmbH, wurde vor kurzem vom Recherchedienstleister Tulex wettbewerbsrechtlich wegen irreführender Angaben im geschäftlichen Verkehr erfolgreich auf Unterlassen in Anspruch genommen. Deren Rechnungen waren den offiziellen Formularen des DPMA bis hin zu dessen Strichcodes nachgestaltet. Im Hinweisbeschluss des Berliner Kammergericht vom 4. Mai 2011 wird ausgeführt:

Das Formularschreiben (Anlage AS 3) der Antragsgegnerin ist zweifelsfrei geeignet und darauf angelegt, den angeschriebenen Empfängern durch eine deutliche Nähe zur Gestaltung amtlicher Formulare des Deutschen Patent- und Markenamts (vgl. Anlagen AS 4 und AS 5) und eine behördliche Diktion eine amtliche Herkunft zu suggerieren und sie dadurch irrezuführen.

Fazit: Bleibt zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaften irgendwann ebenfalls eine Betrugsabsicht erkennen können. Denn die Anmeldung von Geschmacksmustern und Marken gerät durch Trittbrettfahrerrechnungen in Misskredit. Anmelder wissen oft nicht, dass die hohen Rechnungen nichts mit ihrer Anmeldung zu tun haben.

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