Italiens Urheberrecht verstößt gegen EU-Recht – Mit Folgen auch in Deutschland

31. März 2011 | Von | Kategorie: News
Design: Flos SpA; Leuchtenmodell Arco

Design: Flos SpA; Leuchtenmodell Arco

Am 27.01.2011 entschied der EuGH, italienisches Urheberrecht verstößt gegen EU-Gemeinschaftsrecht. Denn es verweigert ehemals in irgendeinem EU-Mitgliedsstaat als Geschmacksmuster eingetragenen Designgegenständen (Schutzfrist max. 25 Jahre) den weitergehenden Urheberschutz von 70 Jahren gerechnet ab Tod des Urhebers, obwohl der Urheberschutz ohne Eintragung als Geschmacksmuster bestanden hätte. Im Ergebnis endet in Italien die Schutzfrist für Designgegenstände wie beispielsweise Bauhaus-Möbel erheblich früher als in anderen EU-Ländern. Diese Gegenstände werden dann über eBay auch in Deutschland angebotenen und beschäftigen regelmäßig die deutschen Gerichte.

Geklagt hatte die Firma Flos SpA; ein international bekannter Hersteller von Designprodukten aus der Lombardei. Er hatte die Verletzung von Urheberrechten an seinem 1962 entworfenen Lampenmodell mit dem Namen „Arco” geltend macht. Ein anderes italienisches Unternehmen hatte einen Nachbau aus China eingeführt und verkauft. Das angerufene Gericht in Mailand hatte Zweifel an der italienischen Gesetzeslage und legte die Sache dem EuGH zur Entscheidung vor. Das Gericht wollte offensichtlich den urheberrechtlichen Schutz der Lampe bestätigen, war daran jedoch durch das italienische Gesetz gehindert.

Das Verhältnis von Urheberrecht, Geschmacksmusterrecht und wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz war auch in Deutschland lange umstritten. Mittlerweile geht die Rechtsprechung jedoch davon aus, dass die verschiedenen Schutzrechte parallel bestehen. Über einen nicht immer nachvollziehbaren Trick, kommen deutsche Gerichte jedoch oft zu ähnlichen Ergebnissen wie das vom EuGH verworfene italienische Gesetz. Die deutsche Rechtsprechung legt für verschiedene Ergebnisse des geistigen Schaffens unterschiedliche Maßstäbe an die notwendige Schöpfungshöhe an. So werden kleinste Text- und Musik-„Schnippsel“ als sogenannte „kleine Münze“ für schutzfähig gehalten; Werke der angewandten Kunst müssen dagegen das handwerklich durchschnittliche Schaffen deutlich überragen. Gerechtfertigt wird das dann wiederum mit Verweis auf die Möglichkeit des Geschmacksmusterschutzes. Vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung erscheint diese Praxis zumindest fragwürdig. Denn sie führt auch in anderen Bereichen zu widersprüchlichen Ergebnissen. So sind Urlaubsschnappschüsse ohne jegliche Gestaltungsabsicht 50 Jahre durch das urheberrechtliche Leistungsschutzrecht geschützt; aufwendig gestaltetes Grafikdesign ist dagegen ohne amtliche Eintragung als Geschmacksmuster allenfalls 3 Jahre durch das erst seit 2002 bestehende nicht eingetragene EU-Geschmacksmuster geschützt.

Fazit: Wer Rechtssicherheit beim Schutz seines geistigen Schaffens anstrebt, sollte seine Designs auch weiterhin als Geschmacksmuster eintragen lassen.

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