Abmahnung aus eingetragenem Design, Designeintragung löschen lassen, Kosten

5. Februar 2014 | Von | Kategorie: Ratgeber
Abmahnung eingetragenes Design Designeintragung

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von Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Am 1. Januar 2014 wurde das bisher in Deutschland geltende Geschmacksmustergesetz in Designgesetz und zugleich das „Geschmacksmuster“ in „eingetragenes Design“ umbenannt.
Neben dieser sprachlichen Modernisierung wurde zusätzlich zum bestehenden Nichtigkeitsverfahren vor den Gerichten ein neues Nichtigkeitsverfahren gegen unberechtigt eingetragene Designs unmittelbar vor dem Deutschen Patent- und Markenamt eingeführt.

Vorschnell wurde das neue amtliche Nichtigkeitsverfahren als wesentliche Verbesserung der Position von aus unwirksamen Designeintragungen Abgemahnten bewertet. Solche Abmahnungen treffen häufig auch kleinere online-Händler bei Amazon und Ebay. Auch DESIGNSCHUTZnews berichtete über diese vermeintliche Verbesserung aufgrund der niedrigen amtlichen Gebühr von 300 Euro für das neue Nichtigkeitsverfahren. Im Nichtigkeitsverfahren vor Gericht beträgt der Gerichtskostenvorschuss dagegen mindestens 1.300 Euro.

 

Was beim vermeintlichen Kostenvorteil im neuen Designrecht übersehen wurde

Bei den Meldungen über den Kostenvorteil wurde jedoch übersehen, dass es im neuen designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren, anders als im markenrechtlichen Widerspruchs- oder Löschungsverfahren gegen zu Unrecht eingetragene Marken, eine Kostenerstattungspflicht des Unterlegenen an den Obsiegenden gibt (§ 34a Abs. 5 DesignG). Im markenrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt trägt jeder seine Kosten selbst. Da es dabei keinen Anwaltszwang gibt, fallen bei selbst geführten Verfahren keine Kosten an. Der Widerspruchsführer muss lediglich die amtlichen Gebühren von 120 Euro tragen.

Dagegen muss im neuen Nichtigkeitsverfahren gegen unberechtigte Designeintragungen die unterlegende Partei die Kosten der Gegenseite tragen. Auch wer anwaltlich nicht vertreten ist und unterliegt, muss dem anwaltlich vertretenen Gegner die Kosten für dessen Rechtsanwalt erstatten.

Die Höhe der Rechtsanwaltskosten richtet sich nach dem Gegenstandswert, die vom Amt nach billigem Ermessen festzusetzen sind. Damit wird das Kostenrisiko für das zur Verteidigung gegen  eine Abmahnung beantragte Nichtigkeitsverfahren wenig kalkulierbar. Der Autor hat deshalb beim Verfassen dieses Beitrages den Justitiar der Designabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes in Jena angerufen und gefragt, ob es intern eine Diskussion über die Höhe des festzusetzenden Gegenstandswertes gibt. Er verneinte dies, verwies jedoch auf die Praxis in Gebrauchsmusterverfahren.

Danach könnten die Wertfestsetzungen im Nichtigkeitsverfahren gegen Designeintragungen zwischen 25.000 Euro und 100.000 Euro liegen. Die anwaltliche Geschäftsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) beträgt dann zwischen 1.024,40 Euro und 1.953,90 Euro.

 

Wann ist eine Designeintragung nichtig?

Es gibt verschiedene Nichtigkeitsgründe.

Zunächst gibt es Nichtigkeitsgründe, die im öffentlichen Interesse von Jedermann geltend gemacht werden können (§§ 34, 33 Abs. 1 DesignG). Hierzu zählen:

Daneben gibt es Nichtigkeitsgründe, die nur von den Inhabern älterer Schutzrechte geltend gemacht werden können (§§ 34, 33 Abs. 1 DesignG). Hierzu zählen:

  • Die Designeintragung verstößt gegen ältere Urheberrechte.
  • Die Designeintragung verstößt gegen ältere Designeintragungen.
  • Die Designeintragung verstößt gegen ältere Kennzeichenrechte (z.B. Marken).

 

Was ist nach einer Abmahnung aus einer Designeintragung zu unternehmen?

Wird ein online-Händler bei Amazon oder Ebay wegen einer vermeintlichen Verletzung von eingetragenen Designs gesperrt oder abgemahnt, muss er folglich mit erheblich höheren Kosten für die Verteidigung kalkulieren als lediglich mit 300 Euro für die amtliche Gebühr im Nichtigkeitsverfahren.

Zunächst sollte festgestellt werden, ob das in der Abmahnung genannte eingetragene Design wirksam ist oder zu Unrecht eingetragen wurde.

Meist haben Händler keine Kenntnis von der Entwicklungsgeschichte eines Produktes und sind deshalb auf Angaben und Nachweise ihres Lieferanten angewiesen. Einfacher ist der Fall, wenn in amtlichen Registern ältere identische Designeintragungen mit Veröffentlichungsdatum vor der Anmeldung der in der Abmahnung genannten Designeintragung verzeichnet sind. Dann lässt sich die Nichtigkeit mit amtlichen Urkunden nachweisen.

Fehlende Anhaltspunkte für eine unberechtigte Eintragung des Designs

Gibt es keine Anhaltspunkte für eine unberechtigte Eintragung des Designs, sollte zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und der Vertrieb der beanstandeten Produkte eingestellt werden. Über etwaige Schadenersatzansprüche und Abmahnkosten kann anschließend mit dem Inhaber des eingetragenen Designs verhandelt werden.

Mit der Modifizierung der Unterlassungserklärung sollte sichergestellt werden, dass die Rechtsverletzung und damit auch der Schadenersatzanspruch nicht anerkannt werden. Ferner sollte eine Vertragsstrafe bei etwaigen Folgeverstößen in ihrer Höhe noch verhandelbar bleiben. Dafür ist auch die oft übersehene Vorschrift des § 348 HGB auszuschließen. Ferner sollte die Unterlassungserklärung nur solange wirksam sein, wie die Designeintragung besteht.

Bestehende Anhaltspunkte für eine unberechtigte Eintragung des Designs

Gibt es Anhaltspunkte für eine unberechtigte Eintragung des Designs, gilt es Nachweise dafür zu recherchieren und abzuwägen, ob die zu erwartenden Erträge aus dem Weiterverkauf des vermeintlich geschützten Produktes das Kostenrisiko für einen Rechtstreit rechtfertigen. Denn auch im Falle des späteren Obsiegens wird der betroffene Händler für seine Verteidigung zunächst in Vorleistung gehen müssen und trägt das Ausfallrisiko im Falle der Zahlungsunfähigkeit seines Gegners.

Je nach gewählter Strategie fallen unterschiedliche Kosten an.

Nicht sicher, ob das eingetragene Design wirksam ist oder zu Unrecht eingetragen wurde

Ist sich der abgemahnte Händler nicht sicher, ob das eingetragene Design wirksam ist oder zu Unrecht eingetragen ist, sollte er zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens mit ungewissen Ausgang ebenfalls eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und je nach betriebswirtschaftlichem Nutzen anschließend das Nichtigkeitsverfahren gegen die Designeintragung betreiben.

Für den Fall des Unterliegens in dem amtlichen Nichtigkeitsverfahren sollte er vorsorglich ein Kostenrisiko von 2.300 EUR für amtliche Gebühren und Kostenerstattung an den Gegner für dessen Rechtsanwalt einplanen. Wenn er sich ebenfalls anwaltlich vertreten lässt, kommen die Kosten des eigenen Rechtsanwaltes hinzu. Außerdem sollte bedacht werden, dass gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes durch den Unterlegenen Rechtsmittel eingelegt werden können. Durch das Rechtsmittelverfahren erhöht sich das Kostenrisiko.

Sicher, dass die Designeintragung zu Unrecht erfolgte

Ist sich der abgemahnte Händler sicher, dass die Designeintragung zu Unrecht erfolgte, sollte er keine Unterlassungserklärung abgeben und unbedingt eine Schutzschrift bei Gericht hinterlegen. Andernfalls besteht das Risiko, dass ohne Anhörung des abgemahnten Händlers innerhalb von wenigen Tagen eine einstweilige Verfügung gegen ihn ergeht. In der Schutzschrift muss der Abgemahnte darlegen und glaubhaft machen, warum die Designeintragung nichtig ist. Auf diese Weise erfährt der Abgemahnte relativ schnell und im Vergleich zum Klageverfahren immer noch relativ preiswert, ob die in der Schutzschrift vorgetragenen Argumente ein Gericht überzeugen oder nicht.

Allerdings fehlt im neuen Designgesetz eine ausdrückliche Vorschrift, dass die fehlende Neuheit im Verfügungsverfahren eingewandt werden kann. Nach dem alten Geschmacksmustergesetz war und in der nach wie vor gültigen Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung ist der Einwand der fehlenden Neuheit im Verfügungsverfahren zulässig. Der Autor dieses Beitrages hat dieses Problem sowohl mit DPMA-Juristen als auch Richtern besprochen. Alle waren der Meinung, dass der Gesetzgeber den Einwand der fehlenden Neuheit im Gesetzestext schlicht vergessen hat. Insofern bleibt abzuwarten, wie die Gerichte mit der fehlenden Regelung im neuen Designgesetz umgehen. Die Gerichte könnten beispielsweise ein Redaktionsversehen feststellen und diese „planwidrige Lücke“ durch eigene Rechtsfortbildung schließen. Am besten wäre es, der Gesetzgeber handelt und bessert sein Gesetz nach. Denn ein Richter kann sich auch auf den Standpunkt stellen, der fehlende Einwand der Neuheit sei vom Gesetzgeber gewollt und ein solcher Einwand deshalb unerheblich.

Ist eine einstweilige Verfügung ergangen, muss der Abgemahnte den Vertrieb des betroffenen Produktes und die Werbung dafür sofort einstellen. Anderfalls droht ein Ordnungsgeld und Ordnungshaft. Anschließend muss kurzfristig entschieden werden, ob gegen die einstweilige Verfügung Rechtsmittel eingelegt oder zur Vermeidung weiterer Kosten die Abschlusserklärung abgegeben werden soll.

Sperrung bei Amazon oder Ebay

Wurde der online-Händler aufgrund des unberechtigt eingetragenen Designs bei Amazon oder Ebay gesperrt, besteht die Möglichkeit, den vermeintlichen Rechteinhaber wettbewerbsrechtlich wegen unlauterer Behinderung im Wettbewerb auf Unterlassen in Anspruch zu nehmen.

Hierdurch erlangt der abgemahnte Händler zeitnah innerhalb weniger Tage per einstweiliger Verfügung einen Gerichtsbeschluss, den er nicht nur dem Inhaber des zu Unrecht eingetragenen Designs entgegenhalten, sondern auch Amazon und Ebay zur Freigabe des gesperrten Verkaufsangebotes vorlegen kann. Im einseitigen Verfügungsverfahen in der ersten Instanz bei einem geschätzten Streitwert von 50.000 Euro beträgt das Kostenrisiko 2.368,90 Euro.

Dieses Vorgehen ist besonders wichtig, wenn der Inhaber der Designeintragung keine weiteren gerichtlichen Schritte einleitet. Die Sperrung des Verkaufsangebots bei Amazon und Ebay bleibt auch dann bestehen. Oft streben Inhaber von zu Unrecht eingetragener Designs genau dieses Ergebnis an.

Kostenrisiko Hauptsacheklage

Das höchste Kostenrisiko besteht, wenn der Inhaber der Designeintragung Hauptsacheklage erhebt oder der abgemahnte Händler negative Feststellungsklage oder das gerichtliche Nichtigkeitsverfahren gegen die Designeintragung betreibt. Bis zum Urteil in der ersten Instanz vergeht dann oft ein Jahr. Deshalb sind diese Verfahren in der Praxis eher der Ausnahmefall.

Das Kostenrisiko für den Fall des Unterliegens liegt dann bei einem (eher niedrig) geschätzten Streitwert von 50.000 Euro bei ca. 7.500 Euro (für Gerichtskosten und Kosten für 2 Rechtsanwälte) zzgl. Auslagen wie Reisekosten, Zeugenauslagen, Gutachtenkosten, hinzugezogene Patentanwälte etc. Das können am Ende schnell 10.000 Euro sein. Zusätzlich zu den Kosten muss möglicherweise Schadenersatz gezahlt werden; entweder in Form einer fiktiven Lizenz für die unberechtigte Nutzung des eingetragenen Designs oder durch Herausgabe des Gewinns.

Fazit: Auch wenn das neue amtliche Nichtigkeitsverfahren nicht so preiswert ist wie es auf den ersten Blick erscheint, hat es seine Berechtigung. Selbst im Falle des Unterliegens und Kostenerstattungspflicht an die Gegenseite ist das Kostenrisiko deutlich niedriger als im gerichtlichen Nichtigkeitsverfahren. Es bietet sich besonders dann an, wenn der Bestand der Designeintragung unsicher ist und zur Vermeidung einer gerichtlichen Klärung zunächst eine Unterlassungserklärung mit Wirkung bis zur Löschung der Designeintragung abgegeben wird.

Autor: Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

 

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