Paintball-Shirts II: Keine Schubladenverfügung aus nicht eingetragenem Geschmacksmuster

20. Juni 2011 | Von | Kategorie: News
Paintball-Shirts; Quelle: Google-Bilder

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Das OLG Frankfurt (Main) entschied am 10. März 2011: Einem auf das nicht eingetragene EU-Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann nur entsprochen werden, wenn dem Fälscher mindestens in der mit der Antragsschrift vorgelegten Antwort auf die außergerichtliche Abmahnung Gelegenheit zum rechtlichen Gehör gegeben wurde.

Damit höhlt das Gericht den Wert des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters erheblich aus.

Denn der Verletzer erhält durch die somit zwingende außergerichtliche Abmahnung Gelegenheit, seine gefälschte Ware vor Erlass eines gerichtlichen Verbots in Sicherheit zu bringen oder ins Ausland zu verkaufen. Damit wird der bestehende Vernichtungsanspruch des Rechteinhabers vereitelt.

Schubladenverfügungen“ werden solche einstweiligen Verfügungen genannt, die ohne vorherige Abmahnung oder sonstige Bekanntgabe der Rechtsverfolgung gegenüber dem Verletzer beantragt und vom Gericht erlassen werden. Sie sind ein scharfes Schwert des gewerblichen Rechtsschutzes im Kampf gegen Produktfälschungen.

Kritiker halten „Schubladenverfügungen“ für einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Einige Gerichte verlangen deshalb eine Begründung, warum der Verletzer vor der gerichtlichen Inanspruchnahme nicht abgemahnt wurde. Dem Rechteinhaber ist jedoch die Vertriebsstruktur der Fälscherwerkstatt meist nicht bekannt, um hierzu etwas vortragen zu können. Die Sanktion gegen missbräuchliche „Schubladenverfügungen“ ist die Schadenersatzpflicht des Antragstellers. Ferner hat das Gericht die Möglichkeit, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von der Stellung von Sicherheiten wie einer Bankbürgschaft des Antragstellers abhängig zu machen.

Das OLG Frankfurt begründet die Notwendigkeit der Abmahnung mit der Möglichkeit zur Feststellung des vorbekannten Formenschatzes. Denn nur neue Designs sind dem Geschmacksmusterschutz zugänglich und das Gericht benötige als Entscheidungsgrundlage einen Vergleichsmaßstab.

Mit seiner Begründung scheint das Gericht jedoch einen wichtigen Grundsatz des Geschmacksmusterschutzes außer Acht zu lassen: Beim nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit seiner drei jährigen Schutzfrist besteht genauso wie beim eingetragenen Geschmacksmuster mit 25-jähriger Schutzfrist die gesetzliche Vermutung seiner Rechtsgültigkeit. Der Nachahmer und nicht der Rechteinhaber hat den Nachweis der fehlenden Rechtsgültigkeit zu erbringen. Bei eingetragenen Geschmacksmustern wird deshalb lediglich die Vorlage von vergleichbaren bekannten Designs als Vergleichsmaßstab verlangt. Das im Jahre 2002 für die gesamte Europäische Union eingeführte nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster könnte folglich in diesem Punkte genauso wie das eingetragene Geschmacksmuster behandelt werden. Art. 27 GGV schreibt die Gleichbehandlung mit einen nationalen Geschmacksmuster des jeweiligen EU-Mitgliedsstaates sogar ausdrücklich vor.

Fazit: Vor dem Hintergrund der Entscheidung vom 10. März 2011 muss sich jeder Hersteller von Designprodukten die Frage stellen, ob er durch das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster ausreichend gegen Produktfälschungen geschützt ist. Eingetragene Geschmacksmuster haben bei Gericht offensichtlich einen höheren Stellenwert. (Zum Vergleich der Schutzrechte wird auf den DESIGNSCHUTZnews Ratgeber vom 11.03.2011 verwiesen.)

(OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.03.2011, Gz.: 6 W 17/11)

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