OLG-Urteil: Ist das Design einer Schuhsohle neu, wenn vor deren Anmeldung als Geschmacksmuster der Schuh offenbart war?

30. Mai 2011 | Von | Kategorie: News
Design: Romika Shoes GmbH, Trier; Quelle: DPMA

Design: Romika Shoes GmbH, Trier; Quelle: DPMA

Der aktuell veröffentlichten Urteilsbegründung liegt die Entscheidung des OLG Frankfurt (Main) vom 20.01.2011 zugrunde. Geklagt hatte der zur Josef-Seibel-Gruppe gehöhrende Schuhersteller Romika aus Trier.

Romika hatte gegen den Vertrieb eines Schuhs geklagt, der als Ganzes betrachtet anders als die Schuhe von Romika gestaltet war. Verwendet wurde jedoch eine Schuhsole, die in ihrem Gesamteindruck dem geschützten Schuhsolendesign von Romika entsprach. Der Nachahmer verteidigte sich im Ergebnis erfolglos mit zwei Argumenten:

  1. Das Geschmacksmuster an einer Schuhsohle gewähre keine Ansprüche gegen den Vertrieb eines ganzen Schuhs.
  2. Das Geschmacksmuster für die Romika-Schuhsohle war zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht neu und sei deswegen nichtig. Dieselbe Schuhsohle war bereits  vor der Geschmacksmusteranmeldung für das Schuhlsohlendesign in einem Schuh als Ganzes enthalten.

Zum ersten Argument bestätigt das OLG Frankfurt die bisherige Rechtsprechung, dass ein Geschmacksmuster keine Ansprüche gegen die Verwendung einzelner Teile des Geschmacksmusters gewähre. Im Romika-Fall sei es jedoch genau anders herum:  Es wurde das vollständige Geschmacksmuster für das Design der Schuhsohle als Bestandteil in einem Schuh verwendet. Aus diesem Grunde greife das Argument nicht. Denn der Geschmacksmusterschutz erfasst „Erzeugnisses, in das das Geschmacksmuster aufgenommen wird“ (§ 38 GeschmMG).

Auch das zweite Verteidigungsargument verwirft das OLG Frankfurt: Der als vorbekannt angeführte Schuh als Ganzes war erst sieben Monate vor Anmeldung des strittigen Schuhsohlendesigns als Geschmacksmuster angemeldet worden. Die 12-monatige Neuheitsschonfrist zugunsten des Entwerfers gelte dann auch für Teile eines offenbarten Erzeugnisses. Denn „Muster” sind als die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon definiert (§ 1 GeschmMG). Wenn man aber anerkennt, dass ein Teil eines Erzeugnisses ein Muster im geschmacksmusterrechtlichen Sinne sein kann, ist es konsequent, die Neuheitsschonfrist auch auf diejenigen vorveröffentlichen Erzeugnisse zu erstrecken, die erkennbar das Muster als Teil enthalten.

Der vom beklagten Plagiator angebotene Zeugenbeweis für eine noch frühere Offenbahrung des Romika-Schuhs auf einer Schuhmesse in den USA, wurde vom Gericht als unzulässiger Ausforschungsbeweis zurückgewiesen. Denn außer der allgemeinen Behauptung der Messepräsentation in den USA wurden keine konkret zu beweisenden Tatsachen hierzu vorgetragenen.

Fazit: Vor der Anmeldung eines Geschmacksmusters ist es sinnvoll zu analysieren, welche Gestaltungselemente als Teil eines Produktes eigenständig geschützt und als Geschmacksmuster angemeldet werden sollten. Denn die Nachahmung von einzelnen Gestaltungselementen ist wahrscheinlicher als die vollständige Nachahmung eines Produktes.

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