Regalsystem „Tegometall“ vs. „EDEN“: Kein Designschutz bei Interesse an „ästhetischer Kompatibilität“

30. August 2013 | Von | Kategorie: News
Wandregal "EDEN" nach dem Design von "Tegometall"

Wandregal „EDEN“ nach dem Design von „Tegometall“

Mit dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 14. Januar 2013 schuf der Bundesgerichtshof (BGH) eine neue Lücke im wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz: Er erlaubte den Vertrieb eines kompatiblen Regalsystemen eines zu einem seit Jahrzehnten verkauften und durch das Wettbewerbsrecht geschützten Regalsystemen, wenn

die Abnehmer wegen eines Ersatz oder Erweiterungsbedarfs ein Interesse an der Verfügbarkeit von Konkurrenzprodukten haben, die auch in der äußeren Gestaltung kompatibel sind.

Bisher hatte der BGH eine Ausnahme vom wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nur bei einem Abnehmerinteresse an technischer Kompatibilität zugelassen. Hinsichtlich der sonstigen Gestaltung musste es sich jedoch vom Originalprodukt unterscheiden.

Was war geschehen?

Die klagende Firma „Tegometall“ verkauft ihr Regalsysteme für den Ladenbau seit über 30 Jahren in Deutschland. Der BGH geht von einem Marktanteil im Ladenbau von 30% aus. Die beklagte Firma „EDEN“ mit Sitz in der Tschechischen Republik vertreibt seit 2008 ein zu „Tegometall“ kompatibles Regalsystem. Einzige erkennbare Unterscheidungsmerkmale waren die in die Regalteile eingeprägten unauffälligen Beschriftungen „Tegometall“ bzw. „EDEN“.

Einen Sonderrechtsschutz wie ein Geschmacksmuster oder Patent besitzt „Tegometall“ nicht. Deshalb stützte „Tegometall“ die Klage auf den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Denn gemäß § 4 Nr. 9 UWG

ist es untersagt Waren anzubieten, die eine Nachahmung der Waren eines Mitbewerbers sind, wenn dadurch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeigeführt wird.

Das wird nach ständiger Rechtsprechung an der „wettbewerblichen Eigenart“ festgemacht. Der Bundesgerichtshof hierzu:

Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Das gilt auch für technische Erzeugnisse.

Allerdings können technisch notwendige Merkmale aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Technisch notwendige Merkmale sind solche, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen.

Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

Vor dem Hintergrund dieser vom BGH in ständiger Rechtsprechung geschaffenen Kriterien wurde die Firma „EDEN“ vom OLG Köln am 22.06.2011 zum Unterlassen des Vertriebs ihrer Regale sowie zur Erteilung für die zur Schadensberechnung notwendigen Auskünfte und zu Schadenersatz verurteilt.

Im Rahmen der von „EDEN“ eingelegten Revision, wurde das Urteil vom BGH am 14. Januar 2013 aufgehoben. Zur Begründung rügte der BGH, das OLG Köln habe die für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz bestehende Voraussetzung der Vermeidbarkeit der Herkunftstäuschung nicht ausreichend berücksichtigt. Denn auf Abnehmerseite könne ein Interesse nicht nur an technischer Kompatibilität, sondern auch an ästhetischer Kompatibilität bestehen. Falls ein solches Abnehmerinteresse besteht, sei „EDEN“ berechtigt, die äußeren Gestaltungsmerkmale des Regalsystems zu übernehmen. Da die Vorinstanz keine Feststellungen zum Bestehen eines solchen Abnehmerinteresses machte, verwies der BGH die Sache zur Neuentscheidung unter Berücksichtigung der von ihm aufgestellten Kriterien an die Vorinstanz zurück.

(Quelle: BGH, Urteil vom 24.01.2013 – I ZR 136/11)

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