EuGH: Wann ist das Design eines Werbeartikels neu und als Geschmacksmuster schutzfähig?

5. März 2012 | Von | Kategorie: News
HABM: GGM 74463-0001; Erzeugnis: Werbeartikel für Spiele

HABM: GGM 74463-0001; Erzeugnis: Werbeartikel für Spiele

Als Geschmacksmuster schutzfähig sind nur neue Designs mit Eigenart gegenüber älteren Designs. Bekanntlich sind völlig neue  Gestaltungselemente  jedoch selten. Vielmehr entstehen neue Designs aus einer Kombination zuvor bereits bekannter Gestaltungselemente.

Deshalb ist der Begriff der Neuheit nicht absolut, sondern es werden Maßstäbe für deren Bewertung benötigt.

Einen solchen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 20. Oktober 2011 an Hand einer vom Brausehersteller PepsiCo als Werbemittel verteilten Wurfscheibe (Tazos) entwickelt.

PepsiCo hatte 2003 seine Wurfscheibe als „Werbeartikel für Spiele“ zum Gemeinschaftsgeschmacksmuster angemeldet und eingetragen bekommen. 2004 beantragte die Firma Grupo Promer die Löschung des Geschmacksmusters und verwies wegen der vermeintlich fehlenden Neuheit auf ein älteres Geschmacksmuster. Dessen Profil wies im Detail jedoch Unterschiede auf zur Wurfscheibe von PepsiCo.

Die Beschwerdekammer des europäischen Musteramts (HABM) lehnte die Löschung in zweiter Instanz zunächst ab und führte in seiner Entscheidung von 2005 aus:

Folglich genüge der Unterschied im Profil der fraglichen Geschmacksmuster für die Schlussfolgerung, dass sie beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck erweckten.

Gegen diese Entscheidung klagte zunächst die Firma Grupo Promer und obsiegte, worauf PepsiCo Rechtsmittel einlegte und letztlich wiederum unterlag. Im Ergebnis wurde das Geschmacksmuster für die Wurfscheibe für nichtig erklärt.

In einem der Urteilsgründe setzte sich das Gericht mit dem im Gesetzestext als Maßstab für die Beurteilung von Neuheit und Eigenart eines Designs festgelegten Begriff des „informierten Benutzers“ auseinander. Als Ausgangspunkt stellt es fest, dass es an einer Definition des Begriffes „informierter Benutzer“ fehlt und dieser deshalb auszulegen ist.

Nach den Ausführungen des Gerichts steht der Begriff des „informierten Benutzers“ zwischen dem Begriff des Durchschnittsverbrauchers, von dem keine speziellen Kenntnisse erwartet werden, und dem des Fachmanns als Sachkundigen mit profunden technischen Fertigkeiten. Somit sei der „informierten Benutzers“ eine Person, der neben einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit auch eine besondere Wachsamkeit eigen ist, sei es wegen ihrer persönlichen Erfahrung oder ihrer umfangreichen Kenntnisse in dem betreffenden Bereich.

Bezogen auf Wurfscheiben als Werbemittel wird festgestellt, dass der „informierte Benutzer“ sowohl ein etwa 5- bis 10-jähriges Kind als auch ein Marketingleiter einer Firma sein könne, die solche Erzeugnisse herstellt. Folglich müssen aufmerksame Beobachter in beiden Gruppen einen Unterschied zu älteren Wurfscheiben feststellen können, um die Schutzfähigkeit als Geschmacksmuster begründen zu können.

Fazit: Der Maßstab der Neuheit ist kein absoluter, sondern abhängig vom jeweiligen Erzeugnis und seinen Benutzern.

(Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 20.10.2011, Az. C-281/10)

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