Geburtstagszug: Weichenkorrektur des BGH beim Designschutz

17. November 2013 | Von | Kategorie: News
Geburtstagszug; Design 1998: Heike Wiechmann

Geburtstagszug; Design 1998: Heike Wiechmann

Seit Jahren steht der Bundesgerichtshof (BGH) für seine unterschiedliche urheberrechtliche Behandlung von angewandter Kunst einerseits und zweckfreier Kunst andererseits in der Kritik; die Beleidigung von künstlicherischem Schaffen als „zweckfrei“ eingeschlossen.

Am 13. November 2013 nun die Kehrtwende des 1. Zivilsenats des BGH:

Ab sofort sind die schöpfersichen Leistungen im Bereich der angewandten Kunst genauso zu behandeln wie im Bereich der zweckfreien Kunst. Die Unterscheidung wird aufgehoben.

Der BGH hob damit das Urteil des OLG Schleswig vom 22. Juni 2012 auf und gab der klagenden Designerin und Kunderbuchillustratorin Heike Wiechmann aus Lübeck recht. Ihr damaliger Auftraggeber, der Spielwarenherstellers Gollnest & Kiesel aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg muss ihr nun wohl ein höheres Nutzungshonorar zahlen als die vor 15 Jahren gezahlten 200 DM. Der BGH hat die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die Designerin klagt auf eine angemessene Vergütung gemäß § 32 UrhG von mindestens 160.000 Euro.

In seiner Begründung sieht der BGH jedoch keinen Wechsel der Rechsprechnung, sondern eine Änderung der Rechtslage:

Nach dem bis ins Jahre 2004 gültigen Geschmacksmustergesetz sei das für Gebrauchsgegenstände geltende Geschmacksmusterrecht wesensgleich zum Urheberrecht gewesen; der Verweis von Designern auf das Geschmacksmusterrecht mit seinem geringeren Schutzniveau gerechtfertigt und vom Gesetzgeber gewollt. Der im Jahre 2004 geänderte Geschmacksmusterschutz folge jedoch nicht mehr dem urheberrechtlichen Vorbild der Schöpfungshöhe. Stattdessen gelte für Geschmacksmuster nunmehr allein der Maßstab der Unterschiedlichkeit zu vorbekannten Designs. Das neue Geschmacksmuster sei deshalb ein völlig anderes Schutzrecht als das Urheberrecht und existiere unabhängig vom Urheberrecht als eigenständiges Recht paralel neben ihm. Der Vorrang des spezielleren, das Urheberrecht sperrenden Rechts bestehe deshalb nicht mehr fort.

Durch diese Änderung der Rechsprechung werden Designer von Gebrauchsgegenständen, aber wohl auch Grafikdesigner und Werbegrafiker besser gestellt sein als bisher. Denn ein dem § 32 UrhG vergleichbarer Anspuch auf angemessene Vergütung besteht im Geschmacksmusterrecht nicht. Die Schutzfrist des Urheberrechts gilt auch ohne amtliche Registrierung 70 Jahre gerechnet ab Tod des Urhebers. Der Geschmackmusterschutz endet dagegen ohne amtliche Registrierung drei Jahre ab Offenbarung; das des eingetragenen Geschmacksmusters spätestens 25 Jahren gerechnet ab seiner amtlichen Registrierung.

(Quelle: Pressemitteilung des BGH zum Urteil vom 13.1.2013 – I ZR 143/12 – Geburtstagszug; Urteil OLG Schleswig vom 22.0.2012 – 6 U 74/10).

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