Teures Design: Samsung soll an Apple 1 Mrd. Dollar Schadenersatz zahlen

27. August 2012 | Von | Kategorie: News
Samsung Galaxy Tab 10.1

Samsung Galaxy Tab 10.1

Samsung soll 1,05 Mrd. Dollar Schadenersatz für Schutzrechtsverletzungen an Apple zahlen. So entschied letzten Freitag ein Geschworenengericht im kalifornischen San José. Über den weltweit ausgetragenen Streit hat DESIGNSCHUTZnews bereits mehrfach berichtet.

In der deutschen Berichterstattung zum aktuellen US-Urteil wird unter Verwendung des amerikanischen Sprachgebrauchs regelmäßig von Patentstreit gesprochen. Nach deutschem Recht ist ein Patent eine technische Erfindung. Tatsächlich geht es in dem Prozess jedoch im Wesentlichen um die von Apple beanstandete Designs von Samsungs Android-Geräten der Galaxy-Reihe. Konkret hat das Geschworenengericht die Verletzung von drei Softwarepatenten, vier Geschmacksmustern und zwei Trade Dresses durch Samsung bejaht.

Der Begriff „Patent“ ist in den USA und in Deutschland  inhaltlich anders besetzt. Ein dem Trade Dress vergleichbares Schutzrecht gibt es in Deutschland nicht. Das sind wohl die Hauptgründe für die verwirrende Berichterstattung über den sogenannten Patentrechtsstreit, der in Wahrheit ein Designstreit ist. “Patentprozess” hört sich vermutlich auch dramatischer an als Designstreit und wird deshalb von den Medien bevorzugt.

Das was in Deutschland Geschmacksmuster heißt und das ästhetische Erscheinungsbild eines Erzeugnisses schützt, wird in den USA Design-Patent genannt.

In Deutschland gibt es Patente nur für technische Erfindungen (Neuheit vorausgesetzt), wobei Software vom Patentschutz ausdrücklich ausgenommen ist. Anders in den USA: Dort ist auch Software dem Patentschutz zugänglich. In Deutschland wird Software dagegen durch das Urheberrecht geschützt. Der Unterschied: Das Patent schützt die Erfindung als solche und damit auch die dahinter stehende Idee. Das Urheberrecht schützt dagegen nur den konkreten Programmcode. Solange der Programmcode neu geschaffen wird, kann die einem Programm zugrunde liegende Idee von Jedermann nachgeahmt und verbessert werden. Das Urheberrecht schützt lediglich das Design des Programmcodes.
Eins der im kalifornischen Prozess betroffenen Software-„Patente“ ist der Gummiband-Effekt beim Scrollen über ein Listenende hinaus, ein anderes ist die Pinch-to-Zoom-Geste zum Vergrößern von Bildern.

Das Trade Dress ist als Schutzrecht in Deutschland unbekannt. Es schützt die Produktausstattung, das visuelle Erscheinungsbild eines Produktes und seine Verpackung gegenüber dem Verbraucher. Es kommt dem deutschen Verbot von unlauteren Irreführungen des Verbrauchers durch an sich erlaubte Nachahmungen nahe.

Im Ergebnis geht es beim kalifornischen Urteil um „Kleinkram„, der sich durch Abwandlungen seitens Samsung leicht umgehen lässt. In Deutschland wird aus demselben Grunde seit einem Dreivierteljahr ein im Design leicht abgewandeltes Samsung Galaxy Tab 10.1 in einer speziellen N-Version verkauft, weil das Landgericht Düsseldorf zunächst eine Verletzung von Apples iPad-Geschmacksmuster angenommen hatte. Später hat das OLG Düsseldorf in der Berufung eine Verletzung von Apples iPad-Geschmacksmuster verneint (siehe DESIGNSCHUTZnews vom 31.01.2012). Ein britisches Gericht hat das Geschmacksmuster sogar ausdrücklich für nichtig erklärt, weil es zum Zeitpunkt seiner Anmeldung nicht neu war.

Bleibt für Samsung die Schadenersatzzahlung von 1,05 Mrd. Dollar (rund 840 Mio. Euro). Bei einem aktuellen Quartalsgewinn von 3,7 Mrd. Euro für Samsung sicher verschmerzbar. Doch auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Samsung kündigte bereits Berufung an.
In den USA ist es üblich, das Geschworenengerichte exorbitant hohe Strafzahlungen festsetzen. In der Berufungsinstanz lösen sich diese dann oft in nichts auf. Ein Geschworenengericht ist letztlich ein öffentliches Spektakel. Ob juristische Laien bei Schutzrechtsverletzungen überhaupt zu einem angemessenen Urteil in der Lage sind, kann bezweifelt werden. Samsung bekam 15 Minuten Zeit, das Beratungsergebnis der 9 Geschworenen auf grobe Widersprüche durchzusehen. Bereits bei diesem Grobscan wurde ein Schadensposten von 1,5 Mio. Dollar gefunden, für den die Jury zuvor eine Verletzung ausdrücklich verneint hatte. Die sieben Männer und zwei Frauen benötigten nicht einmal drei Tage für Hunderte Einzelentscheidungen. Dabei hatten sie einhundert Seiten Anweisungen zu befolgen und das Ergebnis ihrer Beratungen in ein zwanzigseitiges Formular einzutragen.

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