Darf ein Designer Auftragsarbeiten als Referenzen veröffentlichen?

30. November 2011 | Von | Kategorie: Ratgeber
Referenzen; © virtua73 - Fotolia.com

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von Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Ob Produktdesigner, Werbegrafiker oder Kunsthandwerker: Für sie ist das Veröffentlichen von Referenzen die einzige Möglichkeit, potentielle Kunden im Bereich des geistigen Schaffens von ihrem Können zu überzeugen.

Als Designer noch ausschließlich mit gedruckten Präsentationsmappen arbeiteten, haben sich Auftraggeber hieran nur selten gestoßen. Seitdem Designer ihre Arbeiten als Referenzen auf ihren Internetseiten präsentieren, stören sich Kunden hieran.

Im Rahmen eines solchen Streits verkennen Auftraggeber und Designer oft die komplexe Rechtslage. Denn neben Urheber- und Geschmacksmusterrecht wird die Zulässigkeit von Referenzen auch durch Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Persönlichkeitsrecht beeinflusst.

 

Der Rechtsanspruch des Designers auf Benennung als Urheber oder Entwerfer

Das Anerkenntnis der Urheberschaft ist Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts des Entwerfers. Aus diesem Grunde gewähren das Urheberrecht und das deutsche sowie europäische Geschmacksmusterrecht einen Anspruch auf Urheberbenennung bzw. Entwerferbenennung (§ 13 UrheberG / § 10 GeschmMG / Art. 18 GGV) in der branchenüblichen und vom Designer bestimmten Form. Meist geschieht dies in der Form

Design 2011: Name / Label“.

Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte zwischen Designer und Auftraggeber über die Form der Benennung eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Im Internet geschieht die Urheberbenennung meist im Impressum und sollte im Interesse des Designers mit dessen Internetseite verlinkt werden. Bei Gebrauchsdesigns sollte die Benennung unmittelbar am Gegenstand selbst vereinbart werden; beispielsweise auf der Unterseite oder einem Etikett.

Auf das Recht zur Benennung als Designer kann nicht verzichtet werden. Entsprechende Vertragsklauseln sind unwirksam. Hiervon gibt es aus praktischen Gründen nur wenige Ausnahmen im Werbebereich. So wäre der Abspann eines Werbespotts bei vollständiger Urheberbenennung vermutlich länger als der Spott selbst. Auch auf Werbeplakaten muss der Entwerfer nicht benannt werden.
Werden Werbefilme oder sonstige Werbekampagnen in Ausstellungen oder auf Filmfestivals präsentiert, greifen die Ausnahmen nicht und der Urheber ist selbstverständlich zu benennen.

Auch bei der Anmeldung von Geschmacksmustern gibt es im Anmeldeformular ein Feld zur Entwerferbenennung. Wird dieses ausgefüllt, wird der Entwerfer im öffentlich einsehbaren Geschmacksmusterregister und in der Geschmacksmusterurkunde wie im Formular angegeben neben dem Inhaber des Geschmacksmusters benannt.

 

Ist das Veröffentlichen von Referenzen durch den Designer eine Urheberrechtsverletzung?

Das oben dargestellte Recht auf Urheberbenennung bzw. Entwerferbenennung betrifft die Benennung durch den Auftraggeber der Designarbeiten. Es stellt keinen Freibrief für den Designer dar, Produktdesigns oder Werbedesigns nach einer vollständigen Übertragung von Nutzungsrechten selbst zu nutzen. Deshalb sollte in jeder vertraglichen Vereinbarung zur Übertragung von Nutzungsrechten auch eine Aussage zur (Weiter-)Nutzung als Referenz durch den Designer selbst festgehalten werden.

In der Praxis gibt es jedoch oft keine (nachweisbaren) Vereinbarungen zum Nutzungsrecht und zur Nutzung als Referenz. Dann gelten die gesetzlichen Regeln. Danach ist derjenige für die Übertragung des Nutzungsrechts durch den Designer beweispflichtig, der die Designarbeiten als Auftraggeber oder Lizenznehmer nutzt.

Zur Nachweispflicht gehört auch der Umfang des übertragenen Nutzungsrechts. Durch die Übertragung nur des einfachen Nutzungsrechts, ist der Designer weiter zur eigenen Nutzung und Lizenzierung seiner Entwürfe an andere Lizenznehmer berechtigt. Überträgt der Designer dagegen das ausschließliche Nutzungsrecht an seinen Entwürfen an den Auftraggeber, ist allein der Auftraggeber zu deren Nutzung und Unterlizenzierung berechtigt. Der Entwerfer darf sie dann selbst nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers nutzen. Das gilt auch für die Nutzung zu Referenzzwecken.

Im Zweifel übertragen freischaffende Designer keine Nutzungsrechte oder nur einfache Nutzungsrechte an ihren Entwürfen. Anderslautende gesetzliche Ausnahmeregelungen für angestellte Designer sind eng auszulegen und nicht auf freischaffende Designer anwendbar. In der DESIGNSCHUTZnews vom 13. Juni 2011 wurde über ein entsprechendes Urteil des OLG Frankfurt (Main) berichtet.

Durch die Berechnung des bloßen Entwurfshonorars durch den Designer gegenüber dem Auftraggeber werden keine Nutzungsrechte übertragen. Denn die Entwurfstätigkeit ist eine eigenständige vergütungspflichtige Hauptleistung unabhängig von einer späteren tatsächlichen Nutzung. Ob sich der Auftraggeber zu einer späteren Nutzung entschließt, steht in der Entwurfsphase oft noch nicht fest. DESIGNSCHUTZnews berichtete im Ratgeber vom 4. Mai 2011 über einen solchen vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall.

Häufig wird bei der Rechnungslegung nicht zwischen Entwurfshonorar und Nutzungshonorar unterschieden. In diesen Fällen kann nur aus den sonstigen Umständen geschlossen werden, ob zwischen Designer und Auftraggeber die Übertragung des Nutzungsrechts und vor allem in welchem Umfang vereinbart wurde.

Im Streitfall gehen Restzweifel zum Umfang der übertragenen Nutzungsrechte zu Lasten des Auftragebers.


Zur Wahrheitspflicht bei Referenzangaben (unlautere irreführende Angaben)

Das Wettbewerbsrecht verbietet unlautere irreführende Angaben zu Zwecken des Wettbewerbs. Der Begriff „irreführende Angabe“ ist strenger als der Begriff „falsche Angabe“. Denn bei der irreführenden Angabe ist es ausreichend, wenn die Angabe bereits von einem Teil der Nutzer falsch verstanden wird.

Veröffentlicht der Designer konkrete Projekte in Form von Screenshots oder Fotos als Arbeitsbeispiele, darf beim Publikum kein falscher Eindruck vom Umfang seiner Tätigkeit entstehen. Wurde beispielsweise das Corporate Design von einem anderen Designer entworfen, darf es vom Gestalter der Webseite oder Fotografen eines Fotos auf der Internetseite nicht als eigenes Design vereinnahmt werden. Der Webdesigner muss dann klar angeben, welcher Teil der wiedergegebenen Arbeit seine eigene Leistung war. Unabhängig von dieser Klarstellung benötigt er für die Nutzung von Fremdarbeiten die Zustimmung der anderen Urheber oder der Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts.

Die Gefahr irreführender Angaben relativiert sich vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung. So entschied das OLG Karlsruhe am 27. Januar 2011 zu Referenzen eines Architekten,

die Angaben von Referenzobjekten auf der Internetseite eines Architekten bringe lediglich zum Ausdruck, dass er für diese Objekte die wesentlichen Planungsleistungen, soweit diese zu den normalen Architektenleistungen gehören, erbracht habe. Die Benennung von Referenzobjekten bringe dagegen nicht zum Ausdruck, dass der Architekt für die Objekte auch die Bauüberwachung übernommen habe

Das dürfte auch auf andere Arbeiten des geistigen Schaffens übertragbar sein. Aus der Referenzangabe eines Grafikdesigners wird kaum zu schließen sein, dass er auch für die Programmierung oder sonstige technische Umsetzung verantwortlich war. Das gleiche gilt für einen Modedesigner im Hinblick auf die Abwicklung der Produktion.

 

Verletzung von Namen, Unternehmenskennzeichen und Markenrechte durch Veröffentlichung von Referenzen?

Gerade in Kommunikations- und Corporate Designs werden in der Regel Marken, Namen von Unternehmen oder Geschäftsinhabern wiedergegeben. Es gibt nicht wenige Juristen und Internetbeiträge, die deren ungenehmigte Nutzung in den Referenzen des Designers für eine Verletzung von Namens-, Kennzeichen- und Markenrechten halten. Gerichtliche Entscheidungen hierzu gibt es praktisch nicht; möglicherweise weil diese Auffassung falsch ist.

Nach Auffassung des Unterzeichners stellt die Nutzung fremder Marken, Namen und Unternehmenskennzeichen keine Rechtsverletzung dar, wenn

  • für den Nutzer erkennbar ist, dass es sich nicht um Marken und Kennzeichen des Designers, sondern die seiner Auftraggeber handelt. Bereits die hervorgehobene Überschrift „Referenzarbeiten“ sollte hier Missverständnissen vorbeugen.
  • die Referenzen in der dargestellten Form vom Auftraggeber selbst öffentlich genutzt werden. Andernfalls könnten Geheimhaltungsinteressen oder Persönlichkeitsrechte des Auftraggebers verletzt sein.

Die hier vertretene Auffassung folgt aus dem Zweck des Kennzeichenrechts, die Verwechslung verschiedener Unternehmen oder der betrieblichen Herkunft von Waren und Dienstleistungen zu verhindern. Entscheidendes Stichwort im Markenrecht ist deshalb die „Verwechslungsgefahr“. Im Rahmen der Nutzung von Kennzeichen als Referenz eines Designers nutzt der Designer die Namen und Kennzeichen erkennbar zur Bezeichnung seiner Auftraggeber oder von dessen Produkten und nicht für sich selbst. Es wird folglich nur das mit den Namen und Marken benannt, was nach dem eigenen Willen des Auftraggebers genau so bezeichnet wird. Eine Verwechslungsgefahr und damit Markenrechtsverletzung oder Verletzung sonstiger Kennzeichen wie Buchtitel liegt deshalb nicht vor.

Neben der „Verwechslungsgefahr“ schützt das Kennzeichenrecht auch vor der „Rufausbeutung“ und „Beeinträchtigung der Wertschätzung“ von Marken und Unternehmenskennzeichen. Nun mag die Benennung eines bekannten Unternehmens oder einer bekannten Marke als Referenz tatsächlich dem guten Ruf des Designers förderlich sein, das ist ja auch einer der Zwecke einer Referenz.
Eine Rufausbeutung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung im Sinne des Markengesetzes ist das jedoch nicht. Hierzu bedarf es zusätzlicher Voraussetzungen, die in der Regel nicht vorliegen dürften.

Wichtigste Voraussetzung ist, dass es sich um ein bekanntes Kennzeichen handelt. Wann der Bekanntheitsschutz beginnt, ist in der Rechtsprechung nicht einheitlich. Hierauf kommt es letztlich auch nicht an. Denn weitere Voraussetzungen einer Markenverletzung sind, die „unlautere Verwendung ohne rechtfertigenden Grund“. Diese Voraussetzungen dürften bei der Nutzung in Referenzen nur in den wenigsten Fällen vorliegen. Denn durch den unveräußerlichen Rechtsanspruch auf Urheberbenennung bzw. Entwerferbenennung billigt der Gesetzgeber das Interesse des Designers, sein Schaffen zu benennen und bekannt zu machen. Sie ist die einzige Möglichkeit im Bereich des geistigen Schaffens, andere vom Können des Entwerfers zu überzeugen. Es besteht folglich eine vom Gesetzgeber gebilligte Rechtfertigung.

Nur in Ausnahmefällen können schützenswerte Interessen des Auftraggebers die dem Grunde nach erlaubte Benennung unlauter werden lassen. Das Bestehen solche Gründe müsste der Rechteinhaber konkret darlegen. Wenn der Auftraggeber des Designers die Entwürfe selbst verwendet und dabei rechtlich korrekt deren Entwerfer benennt, sind solche Gründe nur schwer vorstellbar. Im Einzelfall mag es sie vielleicht geben. Sie sind dann vom Auftraggeber möglichst vor Auftragserteilung zu nennen. Denn das kann sich in der Preisbemessung niederschlagen.

Im Regelfall wird eine Verletzung von Unternehmenskennzeichen und Markenrechten durch Verwendung in Referenzen nicht vorliegen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Das Vorstehende gilt nur, wenn die Unternehmenskennzeichen und Marken in den als Referenz verwendeten Auftragsarbeiten selbst enthalten sind. Die abstrakte Verwendung von Firmenlogos als grafisch gestalteten Hinweis auf den Auftraggeber für andere Tätigkeiten ist damit nicht gemeint.


Persönlichkeitsrechtsverletzung des Auftraggebers durch Referenzveröffentlichung?

Neben dem Namen einer Person vor Verwechslung ist auch dessen Persönlichkeitsrecht geschützt. Danach kann eine Person darüber bestimmen, ob und in welchem Zusammenhang sie in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.

In der Regel wird der Name oder die (fotografische) Abbildung des Auftraggebers nur dann in Designarbeiten in Erscheinung treten, wenn der Auftraggeber diese Arbeiten selbst in der Öffentlichkeit verwendet (und dabei den Entwerfer hoffentlich korrekt benennt); wie dies üblicherweise in den Werbemedien von inhabergeführten Geschäften geschieht. In diesen Fällen tritt der Auftraggeber selbst mit seinem Namen oder Gesicht in die Öffentlichkeit in Verbindung mit den in der Referenz dargestellten Arbeiten. Wer sich selbst in die Öffentlichkeit begibt, muss sich dies im selben Umfange auch von anderen gefallen lassen. Der Auftraggeber hat sich in diesen Fällen selbst dazu entscheiden, seinen Namen in die Unternehmensbezeichnung oder sein Gesicht in das Geschäftsabzeichen aufzunehmen. Für den Namen oder die Abbildung gelten dann dieselben Regeln wie für sonstige Unternehmenskennzeichen.

Fazit: Wenn eine anderslautende vertragliche Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Designer nicht besteht, wird der Designer seine Auftragsarbeiten in der Regel als Referenz veröffentlichen dürfen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Autor: Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Update vom 29.01.2014: Zum Thema des Beitrags hat sich das Landericht Berlin im Urteil vom 03.12.2013 geäußert, siehe hierzu DESIGNSCHUTZnews vom 29.01.2014.

 

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2 Kommentare auf "Darf ein Designer Auftragsarbeiten als Referenzen veröffentlichen?"

  1. […] Im zweiten Artikel widmet man sich den Referenzen und ob man sie nennen darf: Darf ein Designer Auftragsarbeiten als Referenz veröffentlichen? […]

  2. […] Referenzen auch durch Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Persönlichkeitsrecht beeinflusst. Link: designschutznews.de Share This Article Related News About Author Tatumo Leave A […]