Honorarforderungen: Kann ein Designer Vergütung für bloße Design-Entwürfe (ohne Umsetzung) verlangen?

4. Mai 2011 | Von | Kategorie: Ratgeber
Vergütung Designer Honorar Designleistungen

© Serg Nvns – Fotolia.com

von Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Inhaltsübersicht:

  1. Häufigster Fehler bei Honorarforderungen für Design-Entwürfe: Nichtstun.
  2. Am einfachsten ist die Rechtslage, wenn es schriftliche Vereinbarungen zur Erstellung der Design-Entwürfe gibt.
  3. Wie ist die Rechtslage, wenn keine Vergütungsvereinbarung für Designarbeiten getroffen wurde? 
  4. Wie bemisst sich die Höhe einer stillschweigend vereinbarten Vergütung des Designers für Design-Leistungen?
  5. Fazit
Die meisten Design-Entwürfe werden am Ende nicht umgesetzt. Besonders Grafikdesigner müssen sich dann häufig mit Ausreden ihrer Auftraggeber auseinandersetzen, die Honorarforderungen nicht bezahlen wollen. Die angeforderten Entwürfe werden zu „Bewerbungsunterlagen“, „Kennenlernen des Stils“ oder als „Vorarbeit der Herstellung einer Druckvorlage“ herabgestuft. Beliebt ist auch die Ausrede, die Entwürfe seien im Rahmen eines Wettbewerbs entstanden.

1. Häufigster Fehler bei Honorarforderungen für Design-Entwürfe: Nichtstun

Erstaunlich viele Designer lassen sich mit solchen Ausreden abspeisen. Zum einen aus Unwissenheit über die Rechtslage, zum anderen in der Hoffnung auf Folgeaufträge. Informationen zur Rechtslage soll dieser Beitrag verschaffen.

Der zweite Grund ist schlicht unprofessionell: Wer einmal die Zeche prellt, wird es auch in Zukunft tun und kann dann zu Recht darauf verweisen, beim letzten Mal sei es auch so gehandhabt worden. Empfehlungen solcher „Kunden“ sind ebenfalls nichts wert. Denn diese werden meist mit dem Zusatz versehen: „Da kannst Du Dir erst einmal par Ideen präsentieren lassen. Das kostet nichts.“ Im Ergebnis werden lediglich weitere Zechpreller angelockt.

2. Am einfachsten ist die Rechtslage, wenn es schriftliche Vereinbarungen zur
Erstellung der Design-Entwürfe gibt.

Das kann die Vereinbarung eines Stundensatzes oder eine Pauschalvergütung für ein Firmensignet, ein vollständiges Corporate-Design oder anderes sein. Beide Varianten lassen jedoch offen, in welchem Umfang  dem Auftraggeber Nutzungsrechte an den Entwürfen übertragen werden. Denn diese können regional, national oder international; beschränkt auf Print-, online- oder sonstige Nutzung; einfach oder ausschließlich eingeräumt sein. Die Pauschalvergütung lässt zusätzlich die Frage offen, was bei vorzeitigem Abbruch des Auftrages zu vergüten ist.

Besser ist die Vereinbarung ein zweistufiges Honorarmodells: Die erste Stufe hat die Schaffung des Entwurfs zum Gegenstand, die zweite Stufe die Einräumung der Nutzungsrechte. Für die erste Stufe ist das Entwurfshonorar zu entrichten. Übt der Auftraggeber seine Nutzungsoption aus, fällt das Nutzungshonorar an (Lizenz).

Als Minimum auf jedem Angebot oder jeder sonstigen Antwort auf eine Angebotsanfrage sowie auf Rechnungen sollten folgende zwei Sätze enthalten sein:

Für unsere Tätigkeit gilt vorbehaltlich einer anderslautenden Vereinbarung der „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ zwischen der „Allianz Deutscher Designer (AGD)“ und dem „Selbständigen Design-Studios (SDSt.) e.V.“. Alle Nutzungsrechte an unseren Entwürfen stehen unter dem Vorbehalt des vollständigen Ausgleichs unserer Honorarrechnung“.

 

Diese beiden Sätze sollten jeder Email oder schriftlichen Informationen obligatorisch angefügt und der Tarifvertrag am besten verlinkt werden. Der „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ sieht das empfohlene zweistufige Honorarmodel vor, wobei der Stundensatz für das Entwurfshonorar aktuell bei 76 EUR liegt. Aus Antwortmails oder sonstigen Reaktionen kann im Streitfall relativ rechtssicher nachgewiesen werden, dass diese Bedingung vom Auftraggeber akzeptiert wurde.

3. Wie ist die Rechtslage, wenn keine Vergütungsvereinbarung für Designarbeiten
getroffen wurde?

Es gibt erstaunlich wenige veröffentlichte Urteilte. Eine detailliert und sorgfältig begründete Entscheidung ist  das Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.09.1990. Das Urteil wird bis zum heutigen Tage von anderen Gerichten zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Das OLG Hamm bestätigte mit Urteil vom 26.11.2002, dass der „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ zwischen AGD und SDSt die übliche Vergütung für Designleistungen darstellt.

Im Einzelnen: Grundlage des Honoraranspruchs für Designleistungen ist die allgemeine Werkvertragsregel des § 632 BGB:

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

a. Grundannahme der stillschweigenden Vergütungsvereinbarung für Designleistungen

Es ist deshalb zunächst zu fragen, ob Konzepte und Entwürfe für Designleistungen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind oder ähnlich den Angebotsunterlagen eines Handwerkers bloße Vorleistung sind. Hier hat das OLG Düsseldorf unmissverständlich klargestellt:

(Grafik-)Designleistungen sind nicht etwa Vorbereitung der Herstellung einer Druckvorlage, sondern die Hauptleistung des Designers selbst.

Zur Begründung in dem konkret entschiedenen Fall führt das Gericht in aller Klarheit aus:

„Um ein Firmenlogo zu entwerfen, für das es noch kein Konzept gab, musste sich der Kläger (Anmerkung: der Grafikdesigner) mit den Vorgaben befassen, die sich aus der Art des Betriebes der Beklagten und ihrer Produktpalette ergaben, um dann – gegebenenfalls unter Eröffnung verschiedener Alternativen aufzuzeigen, wie die Beklagte ihre Selbstdarstellung in einem Formenlogo sinnfällig konzentrieren kann. Der Umstand, dass es die freie Entscheidung der Beklagten war, ob sie die Konzeption des Klägers realisieren, d.h. den von ihm vorgeschlagenen, die Buchstaben S und O oder S und C aufnehmenden gekippten Quader im geschäftlichen Verkehr verwenden wollte und wenn ja, in welcher Alternative, und dass hierzu unter umständen noch handwerklich-technische Leistungen erbracht werden müssen, rechtfertigt es nicht, die eigentliche vom Kläger zu erbringende geistige Leistung als bloße vorbereitende Tätigkeit einzustufen. Ähnliches gilt für den Prospektentwurf; auch insoweit oblag dem Kläger – jedenfalls in erster Linie – nicht die Erstellung einer Druckvorlage, sondern eines Konzepts. Eine solche kreative Leistung ist

üblicherweise nicht unentgeltlich,

sondern stellt das zu entlohnende Ergebnis der Tätigkeit dar, die ein Designer oder ein Werbeunternehmen auf der „ersten Stufe“ eines vielfach zweistufig aufgebauten Vertragsverhältnisses zu erbringen hat, während ein Auftrag über die Realisierung des Konzepts erst als „zweite Stufe“ folgt, sofern das Konzept die Zustimmung des Auftraggebers gefunden hat.“

Und an anderer Stelle: „Der Vergleich der Beklagten mit der Erstellung von Angebotsunterlagen eines Handwerkers ist verfehlt. Die konzeptionelle Arbeit eines Designers hat hiermit keine Ähnlichkeit. Sie ist nicht „Vorarbeit“ für die Schaffung eines reproduktionsfähigen körperlichen Werkes, sondern die Hauptleistung des Designers selbst. ….. Wenn man einen Vergleich mit einer anderen Berufsgruppe ziehen will, verhält es sich ähnlich wie mit Architektenleistungen, die gleichfalls regelmäßig nicht unentgeltlich erbraucht werden.“

Mit diesen Ausführungen hat das Gericht klargestellt, dass Designleistungen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind und damit als stillschweigend vereinbart gelten.

b. Einwand des Design-Wettbewerbs

Das OLG Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung auch mit dem Einwand auseinandergesetzt, die Beklagte habe lediglich eine Art Ausschreibung oder einen Wettbewerb durchgeführt. Diesen Einwand der Beklagten hat das Gericht verworfen, obwohl die Beklagte dem klagenden Grafikdesigner unstreitig mitgeteilt hatte, „dass man bereits andere Grafik-Designer kontaktiert habe, eine Entscheidung über die Vergabe jedoch noch nicht gefallen sei.“ Denn die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, dass von dem Kläger die Teilnahme an einem Wettbewerb erwartet werde.  Ein solcher Hinweis besage nichts über eine Ausschreibung oder einen Wettbewerb. Ihm brauchte der Kläger nicht mehr zu entnehmen, als dass die Beklagte offenbar mit den ihr bereits vorliegenden Entwürfen noch nicht zufrieden war und weitere Entscheidungshilfen benötige.

Wenn ein Auftraggeber den Einwand des Design-Wettbewerbs wirksam erheben will, muss er nachweisen, dass die Bedingungen für einen solchen den Teilnehmern zuvor bekannt waren. Andernfalls sind die beigebrachten Entwürfe zu vergüten.

4. Wie bemisst sich die Höhe einer stillschweigend vereinbarten Vergütung des Designer für Design-Leistungen?

Der oben zitierte § 632 BGB bestimmt, dass die „übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist.“ Doch wie bestimmt sich die übliche Vergütung? Das OLG Düsseldorf hatte 1990 auf die Kalkulationstabellen des „Bundes der Grafik-Designer (BDG)“ zurückgegriffen. Das ist heute nicht mehr ganz der Stand der Dinge. Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 26.11.2002 auf den „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ zwischen AGD und SDSt zurückgegriffen. Der Autor dieses Beitrages kann bestätigen, dass auch das Landgericht Berlin den „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ zwischen AGD und SDSt als Berechnungsgrundlage der üblichen Vergütung akzeptiert.

Das Urteil des OLG Hamm enthält eine weitere Klarstellung zum „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“: Dieser ist leistungs- und nicht ausbildungsbezogen. In dem entschiedenen Fall hatte der Beklagte die Vergütung mit der Begründung herunterhandeln wollen, der beauftragte Grafik-Designer sei kein studierter Designer. Diesem Argument erteilte das Gericht eine klare Absage: Auch nicht studierten Designern stehe eine Vergütung zu, die sich an dem vorgelegten „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ orientiere. Der Tarifvertrag sei seit Jahrzehnten entwickelt worden und inzwischen allgemein anerkannt. Dabei seien diplomierte Designer ohne jeden Zweifel berechtigt, ein Honorar entsprechend diesem Tarifvertrag zu verlangen. Der Vertrag stelle dafür lediglich das Minimalhonorar dar. Für nicht studierte Designer komme es darauf an, ob die Arbeit den Qualitätsansprüchen, die zu stellen sind, genüge. Das Honorar sei leistungsbezogen, nicht ausbildungsbezogen zu bemessen.

Der Berechnung der Vergütung nach dem „Vergütungstarifvertrag Design (VTV)“ zwischen AGD und SDSt wird sich DESIGNSCHUTZnews in einem gesonderten Beitrag widmen und diesen dann hier verlinken. An dieser Stelle folgt nur eine Kurzzusammenfassung:

Für das Entwurfshonorar (erste Stufe) wird aktuell ein Basisstundensatz von 76 EUR veranschlagt, wobei für den Entwurf eines Firmensignet mit Schrift und Farbe 24 Stunden Zeitaufwand angemessen sind.

Für das Nutzungshonorar (zweite Stufe) gelten folgende Nutzungsfaktoren:

Vergütung Designer Honorar Design-Leistungen

Quelle: AGD Vergütungstarifvertrag Design (AGD/SDSt)

Daraus ergibt sich folgende Beispielrechnung:

Quelle: AGD Vergütungstarifvertrag Design (AGD/SDSt)

Quelle: AGD Vergütungstarifvertrag Design (AGD/SDSt)

Fazit: Designer sollten ihre Vergütungsinteressen aktiv in die Hand nehmen. Denn je mehr Designer auf eine Vergütung für Ihre Arbeit verzichten, umso gefährdeter ist der Anwendungsbereich der gesetzlichen Grundannahme des § 632 BGB: Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Autor: Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

[Ergänzung: Nach Erscheinen dieses Beitrags wurde am 15.06.2011 der neue Vergütungstarifvertrag Design 2011 veröffentlicht. Siehe hierzu den DESIGNSCHUTZnews – Beitrag vom 16.06.2011.]

 

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