OLG Hamburg kippt Buy-Out-Verträge des Bauer Verlages mit Fotografen und stärkt deren Urheberrecht

8. Juli 2011 | Von | Kategorie: News
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg; Foto: 2010 Andreas Praefcke

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg; Foto: 2010 Andreas Praefcke

Nachdem der Bauer Verlag („BRAVO“, „Kicker“) im Dezember 2010 wegen einer Rüge an seinem Geschäftsgebaren beleidigt aus dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) austrat, sind dem Verlag am 1. Juni 2011 seine rigiden Geschäftsmethoden nun auch vor dem OLG Hamburg auf die Füße gefallen.

In zwei parallelen Entscheidungen wurden die umfassenden Buy-Out-Klauseln in den Standardverträgen des Verlages mit Fotografen für unwirksam erklärt. Geklagt hatten FREELENS, der Verband der Fotojournalistinnen und Fotojournalisten mit Sitz in Hamburg, sowie der Deutschen Journalistenverband (DJV).

Das Hamburger Gericht wertet die Vertragsklauseln als unangemessene Benachteiligung der Fotografen an ihrem urheberrechtlich geschützten Lichtbildwerk. Es stellt hierzu fest:

Die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten gegen ein Pauschalhonorar ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, wenn dadurch dem Urheber der Weg zu einer nach § 32 UrhG angemessenen Beteiligung an den Erträgen seiner Werke versperrt wird.

Denn Bedingung für die Zulässigkeit einer Pauschalvergütung für die Übertragung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten sei, dass die Pauschalvergütung – bei objektiver Betrachtung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – eine angemessene Beteiligung am voraussichtlichen Gesamtertrag der Nutzung gewährleiste. Eine unüberschaubare Nutzungsrechtsübertragung gegen eine pauschale Vergütung sei in AGB nicht zulässig.

Neben dem pauschalen Buy-Out der urheberrechtlichen Nutzungsrechte, verwarf das Gericht weitere Klauseln als unwirksam:

  • Ein pauschales Recht zur Bearbeitung und Änderung urheberrechtlich geschützter Fotos durch den Verlag,
  • das Recht zur werblichen Nutzung von Pressefotografien für beliebige Zwecke jedweder Art sowie
  • den Verzicht auf die Urheberbenennung.

Ähnlich entschied bereits das OLG München am 21. April 2011 zugunsten des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) gegen die „Süddeutsche Zeitung“. Dabei ging es nicht um Fotos, sondern um das Urheberrecht von Journalisten an ihren Artikeln. Die Münchner Vorinstanz hatte die Sache noch anders gesehen. In Hamburg war bereits die erste Instanz auf Distanz zum Verlags(un)wesen gegangen.

Die Entscheidung aus Hamburg ist besonders einschneidend. Denn sie wertet die unzulässigen Vertragsklauseln zugleich als einen Verstoß gegen Marktverhaltensregeln im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Als Konsequenz können gegen derartige Klauseln nicht nur betroffene Fotografen und Journalisten vorgehen, sondern unter dem Gesichtspunkt „Vorsprung im Wettbewerb durch Rechtsbruch“ jeder beliebige Wettbewerber von Verwendern ähnlicher Klauseln sowie Verbände.

Fazit: Da nicht nur der Bauer Verlag Buy-Out-Klausel verwendet, dürfte auf die Branche eine Welle von Vertragsanpassungen zukommen. Fotografen und Journalisten, deren Fotografien und Artikel anders als zu normalen Pressezwecken verwendet wurden, werden Ansprüche auf Nachvergütung stellen.

(Entscheidungen: OLG Hamburg, Urteile vom 01.06.2011, 5 U 112/09 und 5 U 113/09; OLG München, Urteil vom 21.04.2011, 6 U 4127/10).

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