Börsensymbol „Bulle“ als Bildmarke monopolisiert

14. Juli 2011 | Von | Kategorie: News
Bildmarke: Scoach Europa AG, Eschborn; Quelle: DPMA

Bildmarke: Scoach Europa AG, Eschborn; Quelle: DPMA

Wahrscheinlich vor jeder Börse stehen Sie: Bulle und Bär als Symbol für Hausse (steigende Kurse) und Baisse (fallende Kurse). Diese aus der Goldgräberzeit in den USA stammenden Symbole  zieren die Börsenberichte im Fernsehen, und kaum eine Wirtschaftszeitung kommt mehr ohne die tierische Illustration aus. Die Deutsche Börse AG hat die beiden gar in Bronze gießen und auf dem Börsenplatz vor ihrem Frankfurter Gebäude aufstellen lassen. Das online-Lexikon Wikipedia widmet dem  „Bullen- und Bärenmarkt“ ein eigenes Stichwort.

Jetzt möchte man meinen, gegen die Eintragung des Bullen als Marke für das „Finanzwesen, insbesondere Dienstleistungen einer Börse und einer elektronischen Börse“ bestünde ein absolutes Schutzhindernis, weil Zeichen mit beschreibenden Hinweisen oder mit Freihaltebedürfnis im Interesse der Allgemeinheit nicht als Kennzeichen für einzelne Unternehmen monopolisiert werden dürfen (siehe § 8 Abs. 2 Nrn. 1. u. 2 MarkenG).

Entweder der Prüfer des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat die Problematik nicht erkannt oder den als Marke angemeldeten Bullen derartig putzig und kraftlos gefunden, dass seiner Ansicht nach niemand darin einen Hinweis auf das Finanzwesen oder gar eine Hausse erkennen wird. Denn am 13. Juli 2011 hat das DPMA den Bullen in zwei Abwandlungen jeweils in grün und schwarz/weiß als Marke für die durch ihn symbolisierten Finanzdienstleistungen zugunsten der Firma Scoach Europa AG aus Eschborn eingetragen.

Marke "BIOTEEMANUFAKTUR"; Quelle: BPatG

Marke "BIOTEEMANUFAKTUR"; Quelle: BPatG

Wer die sonst strengen Kriterien kennt, wundert sich. Erst am 02. Oktober 2010 wurde die grafisch gestaltete Wort-/Bildmarkenanmeldung „BIOTEEMANUFAKTUR“ als Marke für die Ware „Tees für medizinische Zwecke, Heiltees, Heilkräutertees“ wegen des auch in Bezug auf die Grafik lediglich beschreibenden Hinweises vom Bundespatentgericht zurückgewiesen.

Die parallele Anmeldung des Bullen in Farbe und schwarz/weiß ist deshalb von Bedeutung, weil schwarz/weiße Bildmarken Schutz in allen Farben beanspruchen; farbige Marken dagegen nur in der eingetragenen Farbe.

Die Scoatch Europa AG dürfte neben der laxen Prüfung des DPMA auch in einem weiteren Punkte Glück gehabt haben: Die Dresdner Bank gibt es nicht mehr. Deren Markentier war ein im selben grün und putzigen Auftreten gehaltener Elefant. Die Assoziation zum noch heute bekannten Markentier ist trotz der Wahl eines anderen Tieres nicht von der Hand zu weisen.

Nach der Eigendarstellung auf der Webseite von Scoatch überwachen die Produkte der Firma Stop-Loss-Orders im Börsenhandel. Auf der Webseite werden verschiedene Börseninfos und -Tools zur Verfügung gestellt.

Sollte Scoatch anderen Unternehmen tatsächlich die Nutzung des Bullen verbieten wollen, ist wohl mit einem Löschungsantrag wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse zu rechnen. Über einen solchen Antrag kann Jedermann (auch ohne eigene Markenrechte) im öffentlichen Interesse vermeintliche Fehlentscheidungen des DPMA nachprüfen lassen. Der Antragsteller muss hierzu lediglich ein Formular ausfüllen und eine Gebühr von 300 Euro entrichten. Ein solcher Antrag kann jedoch nur innerhalb von 10 Jahren ab dem Tag der Eintragung gestellt werden. Ab dem 14. Juli 2021 ist der Bulle als Bildmarke für Finanzdienstleistungen nicht mehr angreifbar.

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