10 Jahre europäisches Gemeinschafts- geschmacksmuster

6. März 2012 | Von | Kategorie: News
Logo des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM) in Alicante

Logo des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM) in Alicante

Heute vor 10 Jahren, am 6. März 2002, ist die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) in Kraft getreten.

Mit dieser schuf die Europäische Union zwei neue Schutzrechte für Designer:

  • Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit einer Schutzfrist von maximal 25 Jahren und
  • das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit einer Schutzfrist von 3 Jahren.

Eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster werden jedoch erst seit dem dem 1. April 2003 erteilt. Für die Eintragung zuständig ist das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) mit Sitz im spanischen Alicante.

Mit dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster war es erstmals möglich, Designschutz für Möbel, Grafiken und andere Gebrauchsgegenstände nach einheitlichen Regeln für die gesamte Europäische Union zu erwerben. Ein besonderer Vorteil im Verletzungsfall ist es, dass beispielsweise ein deutsches Gericht Sanktionen mit Wirkung auch in anderen EU-Ländern verhängen kann.

Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster war für Deutschland ein Novum. Ohne amtliche Eintragung gab es in Deutschland zuvor keinen Geschmacksmusterschutz. Bei kurzlebigen Modeerzeugnissen bestand nur ein reiner Investitionsschutz über das Wettbewerbsrecht, das dem Hersteller einen gewissen Schutz vor Nachahmungen gewährte; nicht jedoch dem Entwerfer.

Entsprechend fremdelten anfangs nicht nur die deutschen Gerichte mit dem neuen Schutzrecht, sondern auch die Entwerfer. Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich 2005 erstmals mit dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster an Hand einer Jeans und musste klären, ob der frühere wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz weiterhin besteht oder von dem neuen Schutzrecht verdrängt wird. Die Antwort des BGH: Nein, beide Rechte bestehen nebeneinander fort.

Inzwischen wird das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster rege genutzt. Es ist hierzulande die einzige Möglichkeit für Entwerfer von Gebrauchsgegenständen und Grafiken ohne amtliche Registrierung einen angemessenen Schutz durchzusetzen.

Wie gut das Gemeinschaftsgeschmacksmuster mittlerweile in Deutschland angenommen wurde, zeigt die Statistik: Bis zum 31. Januar 2012 wurden vom HABM insgesamt 494.829 Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen; davon 142.893 für Anmeldern aus Deutschland.

Ein wesentlicher Kritikpunkt sind die Eintragungskosten: Für die Eintragung eines einzigen Gemeinschaftsgeschmacksmusters fallen 350 Euro an amtlichen Gebühren an. Zum Vergleich: Die Registrierung in Deutschland kostet 60 Euro. Bei einer Sammelanmeldung von 10 verschiedenen Designs fallen beim Gemeinschaftsgeschmacksmusters Kosten von 1.925 Euro an; für die deutsche Anmeldung jedoch weiterhin nur 60 Euro. Noch unverständlicher ist die Gebührenpolitik im Vergleich zum international registrierten Geschmacksmuster über die World Intellectual Property Organization (WIPO) in Genf: Dort fallen für die Anmeldung von 10 Designs Kosten von 1.408 CHF = 1.056 Euro an.

Den größten Vorteil bringt die Kombination aus deutschem Geschmacksmuster und nicht eingetragenem Gemeinschaftsgeschmacksmuster: Mit der Veröffentlichung des preiswerten deutschen Geschmacksmusters entsteht zugleich ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Dessen Schutzfrist beträgt nur 3 Jahre. Voraussetzung ist, dass das Design zuvor noch nicht außerhalb der Europäischen Union veröffentlicht war. Die Anmeldung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit 25-jähriger Schutzfrist kann jedoch innerhalb von 12 Monaten nachgeholt werden. Auf diese Weise können die Erfolgschancen des Produkts zunächst am Markt getestet werden, ohne sofort die vergleichsweise teure Eintragung in Alicante beantragen zu müssen.

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