Musikdesign: Soundsamples von „Kraftwerk“ sind urheberrechtlich geschützt

8. November 2011 | Von | Kategorie: News
Albumcover 1977 von „Kraftwerk – Trans Europa Express”

Albumcover 1977 von „Kraftwerk – Trans Europa Express”

update: siehe DESIGNSCHUTZnews vom 14. Dezember 2012

Die Kontrahenten standen sich im selben Rechtsstreit nun zum zweiten Mal vor dem Oberlandesgericht Hamburg gegenüber: Die Band „Kraftwerk“ auf der Klägerseite und die Produktionsfirma von Sabrina Setlur auf Beklagtenseite.

Das Urheberrecht an der Musik von „Metall auf Metall“

Nachdem „Kraftwerk“ wegen der Übernahme von sieben Takten aus dem 1977 erschienenen Stück „Metall auf Metall“ aus dem Album „Kraftwerk – Trans Europa Express” bereits 2006 vor dem OLG Hamburg siegte, wurde das Urteil am 18. August 2011 bestätigt. In der Zwischenzeit hatte der Bundesgerichtshof 2008 den Rechtsstreit auf Revision der Beklagten an das OLG Hamburg zurück verwiesen, weil das OLG die Möglichkeit der erlaubten „freien Benutzung“ der sieben übernommenen Takte im Stück „Nur mir” nicht ausreichend gewürdigt hatte. Das wurde vom OLG Hamburg nun nachgeholt.

Freie Benutzung von „Metall auf Metall“ in einem eigenständigen neuen Musikwerk

Das Hamburger Gericht stellt nach der Rüge aus Karlsruhe zunächst brav fest:

Die Beklagten haben mit dem von Sabrina Setlur interpretierten Stück „Nur mir” ein selbstständiges Werk geschaffen. Die ersten sieben Takte von „Nur mir” bestehen in einer fortlaufenden Wiederholung der aus „Metall auf Metall” übernommenen Sequenz. Zusätzlich ertönen Synthesizer-Klänge, zunächst leise im Hintergrund, dann am Ende der sieben Takte lauter, bevor der Gesang einsetzt. Im Vordergrund der ersten sieben Takte steht jedoch die übernommene Sequenz, die gewissermaßen das „Intro” des Stücks „Nur mir” bildet und den Hörer auf den rhythmischen Sprechgesang einstimmt.

Zwar ist während des ganzen Stücks die übernommene Sequenz – insbesondere die metallenen Schläge – noch deutlich wahrnehmbar. Die genannten zusätzlichen Elemente führen jedoch in ihrer Summe und in der hierdurch erzeugten Gesamtwirkung zu einem so vielschichtigen und farbigen Stück, dass der Senat trotz der im Intro offenliegenden Rhythmusfiguren einen eigenständigen Charakter von „Nur mir” gegenüber der übernommenen Sequenz und einen hinreichend großen inneren Abstand im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung bejaht. Dies entspricht der Einschätzung des Gerichtsgutachters, der ausgeführt hat, durch die Bearbeitung sei ein „anderes Stück” entstanden.

Das Urheberrechtliches Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers

Doch dann holt das OLG Hamburg zum Gegenschlag aus und stützt die neue Verurteilung der Sabrina Setlur – Produktion nicht auf das Urheberrecht der Komponisten und Interpreten „Kraftwerk“, sondern auf das urheberrechtliche Leistungsschutzrecht der Tonträgerhersteller; in diesem Fall ebenfalls „Kraftwerk“. Denn die Band ist zugleich ihre eigene Produktionsfirma.

Durch das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers ist nicht die Musik als solches geschützt, sondern lediglich die konkrete Aufnahme. Wer die Aufnahme neu einspielt und nicht von alten Aufnahmen übernimmt, verletzt das Recht des Tonträgerherstellers nicht. Deshalb ist bereits die Übernahme kleinster Tonsequenzen ein Eingriff in das Recht des Tonträgerherstellers; selbst wenn es sich nur um einen einzelnen Ton handelt. Auch hier gilt grundsätzlich das Recht der „freien Benutzung“, wenn das Originalwerk hinter dem neuen Werk verblasst. Das Recht zur „freien Benutzung“ kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen oder es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zu Grunde gelegten Tonfolge um eine Melodie handelt.

Vor diesem Hintergrund stellte das OLG Hamburg fest:

Die Kläger haben nachgewiesen, dass die Beklagten in der Lage gewesen wären, die Sequenz selbst herzustellen.

Aus diesem Grunde greift das Recht der „freien Benutzung“ auf Seiten von Sabrina Setlur nicht und die Produktion des Stückes „Nur mir“ verletzt das urheberrechtliche Leistungsschutzrecht der Tonträgerhersteller „Kraftwerk“.

Die Beklagten haben bereits Revision gegen das neue Urteil aus Hamburg eingelegt.

(Quellen: OLG Hamburg, Urteil vom 17. 8. 2011 – 5 U 48/05 (nicht rechtskräftig) – Metall auf Metall II
sowie BGH, Urteil vom 20. 11. 2008 – I ZR 112/06 – Metall auf Metall )

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Ein Kommentar auf "Musikdesign: Soundsamples von „Kraftwerk“ sind urheberrechtlich geschützt"

  1. […] berichtete über die Vorentscheidung im Beitrag vom 8. November 2011 ausführlich. Die Entscheidung vom 13. Dezember 2012 war bereits die zweite des BGH im selben […]