Alle Jahre wieder melden vermeintlich besonders Schlaue bekannte und beliebter Motive als Marke an und mahnen daraus Nutzer des Motivs wegen der Verletzung „ihrer“ Markenrechte ab.
Im Oktober 2011 war es wieder einmal so weit: Am 11. Oktober 2011 erteilte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) dem Inhaber des SHIRTZSHOP.DE aus Wiedemar bei Leipzig das Rechtskraftattest für seine am 14.03.2011 angemeldete Marke mit dem bekannten „Evolution“-Motiv. Unmittelbar darauf verschickte er über die Kanzlei Deutsch aus Halle Abmahnungen an eine Reihe von online-Shops, die Bekleidung mit diesem Motiv als Deko-Aufdruck teilweise seit Jahren vertreiben. Die Marke wurde u.a. für Bekleidung eingetragen.
Das Problem: Das Motiv stammt vom Maler Rudolph Zallinger und wurde von ihm 1965 unter der Bezeichnung „March of Progress“ in den Time-Life Books veröffentlicht. Zallinger wurde 1919 in Russland geboren und lebte in den USA, wo er 1995 starb.
Mittlerweile ist das Motiv sehr beliebt und wird in Abwandlungen gern für ironische Anspielungen auf Postkarten, Tassen und Bekleidung verwendet. Oft wird dem voranschreitenden Homo Sapiens ein Nerd vor dem PC, ein Hundehalter der Gassi geht oder ein Motorradfahrer vorangestellt.
Der abmahnende SHIRTZSHOP.DE hat in seinem geschäftlichen Eifer vergessen, woran das Kammergericht erst am 7. Juni 2011 in seiner Entscheidung zum „Held der Arbeit“- T-Shirts erinnerte:
Ein Marke ist nur als Marke eine Marke
Das heißt: Eine Markenverletzung setzt einen markenmäßigen Gebrauch des als Marke geschützten Zeichens durch den vermeintlichen Verletzer voraus.
Markenmäßig erfolgt die Benutzung jedoch nur dann, wenn sie für Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Abnehmer es als betriebliche Herkunftskennzeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen auffassen.
Das wurde beim Abdruck des Motivs „Held der Arbeit“ auf der Vorderseite eines T-Shirts ausdrücklich verneint (siehe DESIGNSCHUTZnews vom 23.06.2011). Kurz darauf entschied das Landgericht Düsseldorf am 27.07.2011 genauso, als Mario Barth den Aufdruck des Spruchs „Nicht quatschen, MACHEN” verbieten lassen wollte (siehe DESIGNSCHUTZnews vom 10.08.2011). Das Kamergericht stellte fest: Der Aufdruck „Held der Arbeit“ werde vom Verkehr nicht als Hinweis über die betriebliche Herkunft verstanden; sondern als rein dekoratives oder (ironisches) kommunikatives Element. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Vorderseite eines Bekleidungsstücks angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, könne nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren. Denn anders als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken gehe der Verkehr bei Wörtern und Symbolen, die auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken angebracht sind, nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis.
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