Speditionsunternehmer wegen in Italien nachgebauter Bauhaus-Möbel zu 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

1. April 2011 | Von | Kategorie: News
Römische Göttin Justitia ohne Augenbinde

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Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung vom 08.12.2010 mit in Italien nicht (mehr) geschützten Nachbauten von Bauhaus-Möbeln zu beschäftigen. Die in Deutschland über das Urheberrecht mit seiner langen Schutzfrist von 70 Jahren gerechnet ab Tod des Entwerfers noch immer geschützten Möbel wurden über das Internet und Werbeflyer zielgerichtet deutschen Kunden angeboten. Der private Kauf dieser Möbel in Italien und deren Mitnahme nach Deutschland sind auch nach deutschem Recht nicht strafbar.

Der italienische Anbieter und der deutsche Speditionsunternehmer wählten deshalb eine Vertragsgestaltung, nach der der deutsche (Privat-)Kunde die Ware beim italienischen Verkäufer selbst abholen musste. In diesem Falle würde die Übergabe in Italien stattfinden und der Verkauf wäre auch nach deutschem Recht nicht angreifbar. Als Serviceleistung wurde den deutschen Kunden für die Abholung jedoch eine deutsche Spedition empfohlen, die zur Abholung der vom Kunden bereits gekauften Bauhaus-Möbel vom Kunden (nicht vom Verkäufer) beauftragt wurde.

Das Landgericht München verurteilte den Speditionsunternehmer wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in einer Vielzahl von Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Strafbarkeit nach deutschem Recht gegeben, hatte jedoch Zweifel, ob die deutsche Rechtslage in Übereinstimung mit dem europarechtlich normierten Grundsatz der Warenfreiheit steht; dem Grundprinzip des europäischen Binnenmarktes. Danach können die in einem EU-Mitgliedsland legal in den Verkehr gebrachten Waren innerhalb der EU frei gehandelt werden.

Der BGH legte die Sache deshalb folgerichtig dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung über die richtige Anwendung des Europarechts vor. Die Entscheidung steht derzeit noch aus.

Fazit: Bis zur Klärung der Frage, ob der Grundsatz der Warenfreiheit im europäischen Binnenmarkt gegenüber dem deutschen Urheberrecht Vorrang hat oder nicht, stehen Geschäftsmodelle zum Vertrieb von urheberrechtlich geschützten Designerwaren auf brüchigem Fundament.

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