Sie funkeln und sie blinken, Handyhüllen im Glamourdesign finden ihren Weg ins Gericht.
Am 3. März 2016 bestätigte das OLG Frankfurt a.M in einem Designstreit, dass eine auf eBay verkaufte Handyhülle mit einer Folie in Strassstein-Optik kein Designrecht verletze.
Das Gericht bestätigt damit das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 15. Januar 2015. Der beklagte Anbieter der Handyhülle war bereits in ein ähnliches Verfahren vor dem OLG Düsseldorf am 3. Dezember 2015 verwickelt. Dort konnte er sich ebenfalls durchsetzen.
Dem Anbieter wird vorgeworfen, sein Design würde die Schutzrechte einer anderen Handyhülle in ähnlicher Ausführung verletzen. Der Kläger verlangt, den Vertrieb der Hüllen zu unterlassen, Auskunft über erzielte Gewinne und Vertriebswege zu erteilen und entsprechenden Schadenersatz zu leisten.
Hintergrund der Entscheidung ist, dass eingetragene Designs bei lediglich ähnlichen Me-To-Produkten hinsichtlich ihres Gesamteindrucks und ihres Schutzumfangs bewertet werden müssen.
Das Gericht führt aus:
Die Ausführungsform des Beklagten verletzt das Klagedesign nicht, da es unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles beim informierten Betrachter einen anderen Gesamteindruck erweckt als das Klagedesign.
Streitigkeiten wie diese kommen immer wieder vor. DESIGNSCHUTZnews hatte in ähnlich gelagerten Fällen zum Thema Gesamteindruck zu farbigen Stiften und dem Designersofa „NESTA“ berichtet.
Besonderheiten dieser Ausführungsform im Designstreit
Der Gesamteindruck setzt sich aus dem Grad der Gestaltungsfreiheit und dem Abstand zu vorbekannten Designs zusammen.
Bei ähnlichen Designs kommt es im Streifall insbesondere auf folgende Faktoren an:
- Grad des Unterschieds zu vorbekannten Designs.
- Anzahl der ähnlichen vorbekannten Designs (Dichte des Formenschatzes)
- Gibt es prägende Gestaltungselmente, die es zuvor nicht gab?
- Gibt es Gestaltungselmente, die zwingend für die Funktion erforderlich sind (vom Schutz ausgeschlossen)?
Begründung des OLG Frankfurt a.M.
Das Gericht führte aus, dass eine Handyhülle für ein bestimmtes Modell gewisse Formfaktoren mitbringen muss, um ihren Zweck zu erfüllen. So müssen die Maße passend sein und Funktionen wie der Ein- und Ausschalter oder eine Kameravorrichtung nicht von der Hülle verdeckt werden. Hier bestehe demnach wenig Gestaltungsspielraum, denn die Hülle müsse sich genau an das Handymodell anpassen.
Wenig Gestaltungsspielraum hat in der Rechtsprechung zur Folge, dass auch der Schutzumfang eng ausgelegt wird. Für den informierten Benutzer können so bereits kleine Änderungen am Design einen anderen Gesamteindruck bewirken.
Größeren Spielraum bei der Gestaltung gäbe es auf der Rückseite, die in diesem Fall mit Strasssteinen verziert sei. Die Rückseite könne auch in verschiedenen Farben, Mustern oder mit anderen dekorativen Elementen verziert werden.
Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Gestaltungsfreiheit insgesamt einen mittleren Grad aufweise.
Grad der Gestaltungsfreiheit nicht allein entscheidend
Ein weiterer Faktor für die Bewertung des Gesamteindrucks ist der Abstand zu dem vorbekannten Formenschatz. Gemeint sind damit vergleichbare ältere Designs.
Ein besonders weiter Schutzumfang könnte zB. mit einem ungewöhnlichen Design erzielt werden, etwa wenn die Handyhülle mit Flügeln oder einer langen Nase verziert würden. Ein solche Gestaltung würde über die für die Funktion notwendige Form hinausgehen. Sind solche Formen selten oder gar unbekannt, können sie einen weiten Schutzumfang begründen.
Umgekehrt kann der Schutzumfang enger werden, wenn der Abstand zu ähnlichen vorbekannten Designs gering ist oder das jüngere Design mehrere identische Gestaltungsmerkmale eines älteren Designs enthält.
Durch einen Vergleich mit einer dritten Handyhülle, die auch mit Strasssteinen besetzt ist, wurde im Streitfall ein gleicher Abstand zwischen allen Designs festgestellt. Der Schutzumfang der für die Klage in Anspruch genommenen Designeintragung wurde damit insgesamt als eng bewertet. In der Entscheidung heißt es:
Der Schutzumfang eines eingetragenen Designs wird neben dem Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers auch durch den Abstand bestimmt, den das Design zum vorbekannten Formenschatz hält. Dies kann auch zu einer Begrenzung des Schutzumfangs auf in jeder Hinsicht identische Ausführungsformen führen.
Im Ergebnis konnte der beklagte Ebay-Verkäufer den Designstreit aufgrund von geringen Abweichungen seines eingetragenen Designs gewinnen. Sämtliche Forderungen des Klägers auf Auskunft und Schadenersatz wurden abgewiesen.
Quellen: OLG Frankfurt a.M, Urteil vom 03.03.2016 zum Az.: 6 U 34/15; OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2015 zum Az.: I-15 U 140/14