Louis Vuitton: Designertasche darf trotz Geschmacksmuster in Kunstwerk abgebildet werden

24. Mai 2011 | Von | Kategorie: News
"Darfurnica" von Nadia Plesner, Niederlande

"Darfurnica" von Nadia Plesner, Niederlande

Am 04.05.2011 befasste sich in diesem Jahr bereits das zweite Mal ein Gericht intensiv mit der Frage, ob durch Geschmacksmuster geschützte Designgegenstände in anderen Werken abgebildet werden dürfen.

Aktuell ging es in der Entscheidung des Bezirksgerichts Den Haag um die Abbildung einer »Louis Vuitton«-Tasche im “Multicolore Canvas”-Design im Kunstwerk „Darfunica“ der dänischen Künstlerin Nadia Plesner. Nadia Plesner lebt und arbeitet in den Niederlande. Das von Louis Vuitton beanstandete Gemälde ist eine Adaption von Picassos „Guernica“ mit dem die Künstlerin darauf hinweisen will, dass die mediale Aufmerksamkeit zu sehr auf Luxus und Prominente und zu wenig auf Hunger und Armut in Krisengebieten, wie der sudanesischen Provinz Darfur liegt. Ein Element von Darfurnica ist das schon zuvor unter dem Titel Simply Living erstellte Bild mit einem abgemagerten sudanesischen Jungen mit Paris Hilton-Chihuahua auf dem Arm und einer der Louis-Vuitton-Tasche stark ähnelnden Tasche um das Handgelenk. Dieses Motiv wurde als Poster und T-Shirt verkauft, wobei der Erlös an eine karitative Organisation mit Engagement in Darfur ging.

Im ersten Rechtszug erwirkte Louis Vuitton eine einstweilige Verfügung gegen die Künstlerin. Diese wurde vom Bezirksgericht Den Haag am 04.05.2011 aufgehoben. Das Gericht verwies in seiner Entscheidung auf Art. 1 des Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Danach musste eine Abwägung zwischen dem durch das Geschmacksmuster geschützten geistige Eigentum von Louis Vuitton einerseits und der Kunst- und Meinungsfreiheit andererseits vorgenommen werden. Diese Abwägung entschied das Gericht zugunsten der Kunst- und Meinungsfreiheit. Das Gericht führte aus, dass ein weltweit bekannter Luxusgüterhersteller mit der nichtkommerziellen kritischen Auseinandersetzung mit seinen Produkten rechnen müsse und dies hinzunehmen habe. Damit nimmt das Gericht unter Bezug auf höherrangiges Recht eine Auslegung der ohnehin bestehenden Beschränkung des Geschmacksmusterschutzes vor. Denn Art. 20 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung erlaubt ausdrücklich die Wiedergabe eines Geschmacksmuster zu Zitatzwecken.

Die Entscheidung aus Den Haag steht nur scheinbar im Widerspruch zu einem anders lautenden Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 07.04.2011. In dieser hatte der BGH die Abbildung eines durch Geschmacksmuster geschützten ICE3-Zuges in einem Werbefoto untersagt. Anders als bei „Darfunica“ setzte sich das Werbefoto jedoch nicht mit dem abgebildeten Gegenstand kritisch auseinander (so die Voraussetzung eines Zitates), sondern verwendete es zu kommerziellen Zwecken allein zur Illustration.

Louis Vuitton ist für seine Klagefreude berüchtigt. Im Jahre 2007 ließ der Luxusgüterproduzent ein Musik-Video von Britney Spears verbieten, in welchem sie mit den Fingern auf einer Autoablage tippt, die mit einem gefälschten Cherry-Blossom-Muster bezogen war. Sony BMG musste an Louis Vuitton 80.000 Euro Entschädigung zahlen.

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