BGH: Urheberschutz für Spiele-Designs bejaht

27. Juni 2011 | Von | Kategorie: News
bambinoLÜK; Design: Westermann Lernspielverlag

bambinoLÜK; Design: Westermann Lernspielverlag

Der Schutz von Spielumsetzungen ist seit Jahren ein Dauerbrenner und wurde von der Rechtsprechung bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH) regelmäßig verneint.

Anders nun die Entscheidung des BGH vom  1. Juni 2011: Die Klägerin bietet drei Lernspiele bestehend aus Übungsheften und einem Kontrollsystem basierend auf derselben Grundidee in den Varianten „bambinoLÜK”, „miniLÜK” und „pocketLÜK” an. So besteht „bambinoLÜK” aus einem transparenten, flachen Kunststoffkasten, in dem sechs quadratische Plättchen in zwei Reihen zu je drei Plättchen auf dafür vorgesehenen Feldern liegen. Die Plättchen zeigen auf der Vorderseite einfarbige, recht abstrakt gestaltete Symbole (Apfel, Blume, Auto, Haus, Ente und Herz) und auf der Rückseite ein Farbmuster aus vier zur Seite offenen Halbkreisen mit den Farben grün, rot oder blau. Zu dem Lernspiel gehören außerdem Übungshefte. Die Aufgabe des Anwenders besteht darin, die Plättchen je nach Aufgabenstellung einem bestimmten Feld zuzuordnen. Ist diese Zuordnung richtig vorgenommen, sind die Rückseiten der Plättchen so angeordnet, dass sich geschlossene, einfarbige Kreise ergeben.

Der auf  Unterlassen und Schadenersatz verklagte Verlag hatte diese Spiele nachgeahmt.

Das OLG Köln als Vorinstanz hatte den Urheberschutz verneint. Der BGH rechtfertigt den Urheberschutz nun, weil es sich bei dem Lernspiel um eine Darstellung wissenschaftlicher Art handele.  Eine solche setzte voraus, dass sie der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen diene. Solche Informationen vermitteln die Spiele der Klägerin. Dabei könne bereits der Darstellung einfachster wissenschaftlicher Erkenntnisse Urheberschutz zukommen.

Der Unterschied zu anderslautenden Urteilen, die den Urheberschutz verneinten: Sie waren nicht auf den Urheberschutz für wissenschaftliche Darstellungen mit vergleichsweise geringen Anforderungen an die Schöpfungshöhe gestützt, sondern auf den Urheberschutz für angewandte Kunst.

Der Urheberschutz für angewandte Kunst verlangt eine deutlich über dem handwerklich durchschnittlich liegende Schöpfungshöhe, die von der Rechtsprechung auch für professionelle handwerkliche Gestaltungsleistungen regelmäßig verneint wird.

Eine Einschränkung macht der BGH in seiner Entscheidung vom 1. Juni 2011 und weist die Sache zur weiteren Tatsachenfeststellung  an die Vorinstanz zurück: Das Berufungsgericht habe zu prüfen, ob die Lernspiele eine eigentümliche Formgestaltung aufweisen. Hierfür reicht es aus, dass sich die Gestaltung vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich der Lernspiele abhebt, auch wenn das Maß der geistigen Leistung und individuellen Prägung gering sein könne. Sollten die Lernspiele der Klägerin nur ein geringes Maß an Eigentümlichkeit haben, könnten bereits verhältnismäßig geringfügige Abweichungen in der Gestaltung der Lernspiele der Beklagten zur Folge haben, dass keine Urheberrechtsverletzung vorliege.

Fazit: Viele Spiele beruhen auf der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Einordnung als „Darstellung wissenschaftlicher Art“ auch auf Spiele mit geschichtswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Darstellungen anzuwenden ist. Denn viele Strategiespiele haben solche Darstellungen zum Gegenstand. Bis dahin sollten sich Spieleentwickler nicht auf den Urheberschutz verlassen und stattdessen wesentliche Gestaltungselemente als Geschmacksmuster anmelden.

(Entscheidung: BGH, Urteil vom 01.06.2011, I ZR 140/09)

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