Produktfoto vs. Produktbild: Urheberrecht und Designschutz geltend machen

16. März 2015 | Von | Kategorie: Ratgeber
Produktfoto vs. Produktbild: Abmahnung Urheberrecht und Designschutz

© fotomek – Fotolia.com

von Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Internethändler beklagen immer häufiger, dass ihre Produktfotos und Produktbilder ungefragt von Wettbewerbern verwendet werden. Auf der einen Seite ist ein ansprechendes und aussagekräftiges Produktfoto eine der wenigen Möglichkeiten, sich von Wettbewerbern abgrenzen zu können. Andererseits fallen für das Erstellen von Produktbildern recht hohe Kosten an.

 

Kosten für Produktfotos und Produktbilder

Selbst für einfache „Knips“-Fotos ohne gestalterischen Aufwand fallen in der Regel im Rahmen eines Massen-Shootings mit mehr als 100 Bildern Kosten von ca. 20 € pro Produktfoto für einen Fotograf mit professioneller Ausrüstung an.

Handelt es sich um individuell gestaltete Produktfotos, empfiehlt der AGD Vergütungstarifvertrag Design im Bereich Kosmetik und Mode ein Entwurfshonorar zwischen 312 € und 624 € bzw. zwischen 468 € und 936 €.

Als Alternative zu individuell gestalteten Produktfotos bieten sich am Computer gestaltete Produktbilder an. Bei solchen Computer-Grafiken (sogenannte CAD-Bilder für Computer-Aided Design) handelt es sich nicht um Fotos. Stattdessen wird ein einfaches Produktfoto in einen am Computer generierten Raum hinein montiert. Dieser Raum lässt sich am Computer in verschiedenen Perspektiven darstellen, mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen und Beleuchtungseffekten versehen. Das ist erheblich preiswerter als ein individuell im Studio gestaltetes Produktfoto und bietet ebenfalls professionelle Ergebnisse.

Unterschied zwischen Urheberrecht, Lichtbildschutz und Designschutz

Die oben geschilderten Unterschiede beim Zustandekommen von Produktbildern haben ein unterschiedliches Schutzniveau für Produktfotos und am Computer gestaltete Produktbilder zur Folge.

Individuell gestaltete Fotos mit ausreichender Schöpfungshöhe werden durch das Urheberrecht geschützt. Deren Schutz entsteht unabhängig von einer amtlichen Registrierung und gilt bis 70 Jahre nach Tod des Fotografen. Ist am Foto ein Urhebervermerk nach dem Muster „Foto: Hans Mustermann, 2015“ angebracht, gilt bis zum Beweis des Gegenteils die gesetzliche Vermutung der Urheberschaft zugunsten von Hans Mustermann. Ohne Urhebervermerk trägt der Rechteinhaber im Streitfall die volle Beweislast, entweder selbst der Fotograf zu sein oder vom Fotografen die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Foto erworben zu haben.

Einfache „Knips“-Fotos ohne Schöpfungshöhe werden dagegen nicht als „Werk“ des Urheberrechts geschützt, sondern über das Leistungsschutzrecht des Lichtbildners. Für solche Lichtbilder endet der Schutz bereits 50 Jahre nach ihrem Entstehen. Auch hier entsteht der Schutz ohne amtliche Registrierung und es gilt die Vermutung der Urheberschaft, wenn ein Urhebervermerk angebracht wird.

Deshalb sollte jedes Produktfoto vor seiner Veröffentlichung mit einem Urhebervermerk nach dem Muster „(C) 2015 Mustershop GmbH“ versehen werden. Das kann unscheinbar in der unteren rechten Ecke des Produktfotos geschehen.

Abgesehen von der unterschiedlichen Länge der Schutzfrist gibt es keine weiteren Unterschiede zwischen dem als Werk des Urheberrechts geschützten Produktfoto einerseits und dem durch das Leistungsschutzrecht des Lichtbildners geschützten Produktfotos.

Allerdings kann im Falle der ungenehmigten Produktfotonutzung für ein Werk des Urheberrechts ein höherer Lizenzschaden gefordert werden als für einfache Lichtbilder.

Für Computergrafiken gelten die vorstehenden Ausführungen nicht. Hierzu wird auf die unten stehenden Ausführungen unter „Designschutz für als Computergrafik entstandene Produktbilder“ verwiesen.

Kosten der Abmahnung für Produktfotos

Viele Gerichte differenzieren auch bei der Streitwertfestsetzung als Grundlage für die Berechnung der Rechtsverfolgungskosten zwischen dem Grad der Gestaltungshöhe. So setzte das Berliner Kammergericht den Streitwert für ein individuell gestaltetes Produktfoto im Verfügungsverfahren auf 6.000 € fest (KG Gz.: 24 W 100/10). Hieraus errechnen sich beispielsweise Abmahnkosten in Höhe von 679,10 € für die außergerichtliche Geltendmachung durch einen Rechtsanwalt. Der für die Abmahnung zugrunde zu legende Streitwert der Hauptsache ist 50 % höher als der Verfügungsstreitwert.

Für ein einfaches „Knips“-Foto ohne Gestaltungshöhe setzte das Kammergericht den Streitwert im Verfügungsverfahren auf 1.500 € pro Foto fest (KG Gz.: 5 W 78/07). Hieraus errechnen sich Abmahnkosten in Höhe von 281,30 € für die außergerichtliche Geltendmachung durch einen Rechtsanwalt.

Designschutz für als Computergrafik entstandene Produktbilder

Für Computergrafiken kann kein Leistungsschutzrecht des Lichtbildners in Anspruch genommen werden. Lichtbilder sind nur solche, die durch die Abbildung von Lichtstrahlen oder anderer strahlenden Energie hergestellt werden.

Computergrafiken können als Werk des Urheberrechts mit der langen Schutzfrist von 70 Jahren ab Tod des Urhebers geschützt sein. Hierzu müsste jedoch die dafür notwendige Schöpfungshöhe vorliegen. Das wird häufig nicht der Fall sein (so auch OLG Köln, Urteil vom 20.03.2009 zum Az. 33 O 113/08). Denn für CAD-Grafiken gibt es Bibliotheken für einzelne Gestaltungselemente, derer sich Grafiker üblicherweise bedienen. Der Grafiker setzt dann lediglich ein Produktbild aus einer Vielzahl von meist durch Dritte oder automatisiert generierte Ausstattungsmerkmale zusammen. Der Grafiker schiebt und dreht an den einzelnen Reglern der verwendeten Software so lange herum, bis der gewünschte räumliche Eindruck entsteht, Lichtspitzen und Schattenwürfe ein gutes Ergebnis bringen. So entstandene Produktbilder können durchaus eine hervorragende Handwerksleistung sein. Als „Kunst“ im Sinne einer „individuellen geistigen Schöpfung“ als Voraussetzung für den Schutz durch das Urheberrecht werden sie dennoch nicht behandelt.

Im Streitfall dürfte es sehr aufwendig sein nachzuweisen, dass der Grafiker alle notwendigen Gestaltungselemente selbst entworfen hat. Hierfür trägt der Kläger die volle Beweislast. Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten würde eine Computergrafik mit „individueller geistiger Schöpfung“ für ein Produktbild wohl ausscheiden. Denn solche wären erheblich teurer als ein individuelles Fotoshooting im Studio. Der Vorteil der computergenerierten Produktbilder liegt gerade in der Nutzung von Bibliotheken, um die Kosten niedriger als für ein individuelles Fotoshooting halten zu können.

Damit scheidet das Urheberrecht für den Schutz von am Computer generierten Produktbildern in der Regel aus. Stattdessen sind solche Grafiken durch das Designrecht (ehemals Geschmacksmusterrecht) geschützt.

Ohne amtliche Registrierung gilt dann lediglich eine Schutzfrist von drei Jahren ab der ersten Offenbarung (Veröffentlichung) des Produktbildes. Es gibt keine gesetzliche Vermutung der Urheberschaft. Der Anspruchsteller muss beweisen, dass er das Produktbild am Computer zusammengestellt oder vom Entwerfer das ausschließliche Nutzungsrecht an dem Produktbild erworben hat. Wird die Erstellung von CAD-Produktbildern im Ausland beauftragt, ist der Nachweis in der Regel nicht zu erbringen. Selbst der schriftliche Vertrag mit der in China ansässigen „Pixel Ltd.“ stellt kein Beweis für die wirksame Rechteeinräumung dar. Denn die Rechtekette muss auf den Entwerfer als individuelle Person zurückführbar sein.

Mit amtlicher Registrierung als eingetragenes Design kann dagegen eine Schutzfrist von bis zu 25 Jahren begründet werden. Für die amtliche Registrierung beim Deutschen Patent- und Markenamt sind pro Produktbild 6 €, mindestens jedoch 60 €, an amtlichen Hinterlegungsgebühren zu bezahlen. Für 100 Produktbilder fallen folglich amtliche Registrierungskosten in Höhe von 600 € an.

Wichtig ist dabei, dass der in der Computergrafik dargestellte virtuelle Raum als solcher geschützt wird; d.h. ohne Abbildung des Produktes darin. Denn in der Regel wird von Nachahmern nur der virtuele Raum übernommen und ein anderes Produkt hineinmontiert. Bei einer Designeintragung mit Abbildung des Produktes entsteht der Schutz nur für die so eingetragene Computergrafik als Ganzes einschließlich des konkret abgebildeten Produktes. Deshalb erfordert die richtige Auswahl der für die Designanmeldung zu verwendenden Abbildungen Erfahrung im Designrecht. Zumindest bei der ersten Designanmeldung sollte deshalb professioneller Rat eingeholt werden, um nicht erst im Verletzungsfall feststellen zu müssen, dass die Designeintragung keinen ausreichenden Schutz gewährt.

Voraussetzung für die wirksame Designeintragung ist die Neuheit des Produktbildes zum Zeitpunkt der Anmeldung. Neu ist ein Produktbild, wenn es sich für den Betrachter von anderen vorbekannten Produktbildern unterscheidet. Die Neuheit wird nicht vom Amt geprüft. Doch ist jedermann berechtigt, die Nichtigkeit der Designeintragung feststellen zu lassen, der den Nachweis der fehlenden Neuheit zum Zeitpunkt der Anmeldung erbringt. Bis zum Zeitpunkt des Gegenteils gilt jedoch zugunsten des eingetragenen Inhabers die gesetzliche Vermutung der Neuheit.

Ähnlich dem Urhebervermerk bei Lichtbildern gilt für das eingetragene Design die gesetzliche Vermutung, dass der eingetragene Inhaber zur Anmeldung und Geltendmachung von Rechten berechtigt ist. Der eingetragene Inhaber muss folglich nicht nachweisen, dass er vom Entwerfer zur Anmeldung ermächtigt wurde.

Diese gesetzlichen Vermutungen stellen neben der längeren Schutzfrist die wesentlichen Vorteile des eingetragenen Designs gegenüber dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster ohne amtliche Registrierung dar.

Die gesetzliche Vermutung zugunsten des eingetragenen Inhabers als Berechtigten gilt jedoch nicht, wenn die Vermutung der Neuheit zum Zeitpunkt der Anmeldung widerlegt wird. Dann gilt zwar die zwölfmonatige Neuheitsschonfrist, innerhalb der der Berechtigte eine wirksame Designeintragung anmelden kann; doch trägt der Anmelder dann wieder die volle Beweislast dafür, von der individuellen Person des Entwerfers zur Anmeldung ermächtigt worden zu sein.

Deshalb sollte jedes computergenerierte Produktbild vor seiner ersten Veröffentlichung als eingetragenes Design angemeldet werden.

Besteht keine wirksame Designeintragung für die Computergrafik, bleibt für den Schutz allein das Leistungsschutzrecht an dem in die Computergrafik hinein montierten Produktfoto übrig. Dieses bleibt auch dann eigenständig geschützt, wenn es in eine Grafik eingebunden wird. Voraussetzung ist jedoch, dass es tatsächlich als Lichtbild entstanden ist. Das ist bei Computergrafiken nicht die Regel. Oft werden die vom Auftraggeber als Foto gelieferten Vorlagen des Produktes von den Grafikern vollständig neu am Computer gerendert. In diesen Fällen kann nicht einmal für einen Teilauschnitt der Computergrafik das Leistungsschutzrecht für Lichtbilder in Anspruch genommen werden.

Der Unterlassungsstreitwert für die Geltendmachung von Verletzungen an einem eingetragenen Design beträgt in der Regel ähnlich zu individuell gestalteten Produktfotos 10.000 €. Daraus errechnen sich beispielsweise Abmahnkosten in Höhe von 745,40 € für die außergerichtliche Geltendmachung durch einen Rechtsanwalt.

Höhe des Lizenzschadens für unberechtigt genutzte Produktfotos und Produktbilder

Der Rechteinhaber an Produktfotos und computergenerierten Produktbildern kann für jede nicht genehmigte Nutzung durch Dritte Schadenersatz verlangen.

Rechteinhaber ist zunächst der Fotograf oder Grafiker. Doch wird sich der Auftraggeber von diesen in der Regel das ausschließliche Nutzungsrecht einräumen lassen. Andernfalls könnte der Fotograf oder Grafiker an denselben Produktbildern auch anderen Händlern oder Herstellern ein einfaches Nutzungsrecht einräumen. Der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts ist nicht berechtigt, anderen die Nutzung derselben Produktbilder zu untersagen oder Schadenersatz zu verlangen.

Beauftragt ein Hersteller oder Händler die Erstellung von Produktfotos oder am Computer erstellter Produktbilder, sollte er sich stets schriftlich das ausschließliche Nutzungsrecht daran einräumen lassen.

Der Lizenzschaden für einfache Produktfotos wird in der Regel nach den Bildhonorartabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM-Tabellen) berechnet. Danach ist die einmonatige unerlaubte Nutzung eines Produktfotos auf der Unterseite eines Onlineshops mit 150 € zu entschädigen; die dreimonatige Nutzung mit 225 € und die einjährige Nutzung mit 465 €. Für die Nutzung auf bis zu fünf unterschiedlichen Domains wird ein Aufschlag von 25 % berechnet. Für die unterlassene Angabe der Bildquelle (das ist der Regelfall), wird der so berechnete Lizenzschaden noch einmal verdoppelt. Es gibt weitere Zuschläge für konkrete Einzelfälle wie die Nutzung auf der Startseite.

Der Lizenzschaden für individuell gestaltete Produktfotos mit ausreichender Schöpfungshöhe kann nach dem AGD Vergütungstarifvertrag Design berechnet werden. Im Bereich Kosmetik liegt der Lizenzschaden dann bei einer unberechtigten Nutzung von bis zu einem Jahr zwischen 312 € und 624 € und im Bereich Mode zwischen 468 € und 936 €. Auch hier kann die Intensität der Nutzung zu Aufschlägen führen.

Der Lizenzschaden für computergenerierte Produktbilder auf der Grundlage des AGD Vergütungstarifvertrag Design berechnet, beträgt wie bei individuell gestalteten Produktfotos zwischen 312 € und 936 €.

Autor: Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

1 Punkt2 Punkte3 Punkte4 Punkte5 Punkte (14 Bewertungen, 5,00 von 5)
Loading...

Schlagworte: , , , , , , , , , ,