Achtung: Dieses Plakat ist anstößig

27. April 2012 | Von | Kategorie: News
Plakat "Ohne Hebammen hängen wir in der Luft"; Design: moculade design; Umsetzung: rosskamp design

Plakat "Ohne Hebammen hängen wir in der Luft"; Design: moculade design; Umsetzung: rosskamp design

Die Kommunikationsagentur moculade design aus Köln entwickelte das Plakat „Ohne Hebammen hängen wir in der Luft„.

Mit dem Plakat will der Hebammen für Deutschland e.V. auf die gefährdete Versorgung durch Hebammen aufmerksam machen. Das Außenwerbeunternehmen Deutsche Gesellschaft für Stadtanlagen GmbH (Degesta) hält das Plakat für anstößig und weigert sich, es zu plakatieren. Denn es könne „Menschen schockieren“, so die PR-Abteilung des Unternehmens gegenüber SPIEGEL ONLINE und „insbesondere bei Kindern Erschrecken hervorrufen“.

Dasselbe Unternehmen hat vermutlich keine Probleme, nackte Frauenbrüste, blutverschmiert mit schwerem Gerät herumballernde Filmhelden oder schrille Begriffe wie „Wanderhure“ einem Erstklässler auf dem morgendlichen Schulweg vor die Nase zu setzen.

DESIGNSCHUTZnews meint: moculade design hat das Anliegen der freien Hebammen realistisch umgesetzt und nackte Tatsachen dort gezeigt, wo sie auch im wahren Leben vorkommen: bei der Geburt eines Menschen.

Auf den ersten Blick könnte eine Parallele zum Schockwerbeverbot des Bundesgerichtshofes (BGH) Ende der 1990-iger Jahre gezogen werden. Damals hatte der BGH verschiedene Werbemotive der Firma Benetton verboten. Die Entscheidungen sind in die Rechtsprechung unter den Titeln „Ölverschmutzter Vogel“, „Kinderarbeit“ und „Nacktes menschliches Gesäß mit dem Stempelabdruck >HIV-Positive<“ eingegangen.

Zum Motiv „Ohne Hebammen hängen wir in der Luft“ besteht jedoch ein entscheidender Unterschied: Benetton hatte die Motive als Eyecatcher ohne sachlichen Bezug zu seinen Produkten eingesetzt. Das Hebammenplakat stellt dagegen den Kern ihrer täglichen Arbeit dar.

Letztlich wurden nach neunjährigem Rechtsstreit Anfang 2003 auch alle Werbeverbote zu den Benetton-Motiven vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Es war der Ansicht, die vom BGH ausgesprochenen Verbote stellen einen verfassungswidrigen Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit dar. Kommerziell war die Kampagne dennoch ein Desaster: Benetton war in aller Munde, das Image und die Umsätze dagegen ruiniert.

Schreiben Sie doch dem Geschäftsführer von Degesta, was Sie von dem Hebammen-Plakat und der Entscheidung seines Unternehmens halten: zur Emailadresse.

Mittlerweile haben die Hebammen einen anderen Anbieter gefunden, der ihre Plakate aufhängt.

moculade design betreut kleine und mittelständische Unternehmen im Bereich Corporate Design, Kommunikationsdesign und Informationsdesign.

Anmerkung vom 02.05.2012: Mittlerweile hat die Degesta eine Stellungnahme zu dem Vorgang auf ihrer Webseite veröffentlicht.

Welche Meinung haben Sie zu dem Thema? Hier geht es zum Designschutz Forum.

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