Shop-Design: Amazon-AGB zur Rechteübertragung an Produktbildern unwirksam

25. Februar 2014 | Von | Kategorie: News
Soft Air Gun Munition; © shariel - Fotolia.com

Soft Air Gun Munition; © shariel – Fotolia.com

Nach den viel gescholtenen File-Sharing-Urteilen von Ende 2013, hat das Landgericht Köln am 13. Februar 2014 ein fast als weise zu bezeichnendes Urteil getroffen:
Danach ist die Amazon-Klausel zur Rechteeinräumung an Produktfotos unwirksam. Mit dieser Klausel lässt sich Amazon von jedem online-Händler das Recht einräumen, dessen Produktfotos auch in Verkaufsangebote von anderen online-Händlern auf dem Amazon-Marketplace einzublenden.
Die gute Nachricht für die mit fremden Produktfotos von Amazon „zwangsbeglückten“ Wettbewerber: Sie können vom Rechteinhaber des Fotos nicht abgemahnt werden und mit Schadenersatzforderungen überzogen werden, wenn der Rechteinhaber das Foto selbst bei Amazon eingestellt hat.

Was war geschehen?

Der Händler „A“ und zugleich Rechteinhaber an Produktfotos von Soft Air Gun Munition hatte für seine Amazon-Verkaufsangebote Produktfotos auf den Amazon-Server hochgeladen. Dabei musste er zwangsläufig den Amazon-Geschäftsbedingungen (AGB) zustimmen. In den AGB heißt es:

A.VIII Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrechte

Die Teilnehmer übertragen B.de ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen, sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeden anderen Produktinformationen, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von B.de an B.de übermitteln… einschließlich des Rechts, diese Inhalte mit Printmedien, online, auf CD-ROM, etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.

Ein anderer Händler „B“ legte ebenfalls ein Verkaufsangebot zu dem identischen Produkt an.

Zum Geschäftsmodell von Amazon gehört es, für jedes Produkt nur ein Verkaufsangebot zu dulden. Wird ein Produkt mehrfach angelegt, wird es von Amazon zuammengelegt und in der Regel das zuerst hochgeladene Produktfoto eingeblendet. Der preiswerteste Händler wird oben angezeigt, alle anderen Händler deselben Produktes mit höheren Preisen darunter. So geschah es auch hier. Allerdings hatte Händler „A“ den Verkauf des konkret betroffenden Produktes mittlerweile eingestellt und „B“ war nunmehr der einzigste Händler des abgebildeten Produktes.

Nun mahnte Händler „A“ den „B“ wegen der Verletzung der Rechte an seinem Produktfoto ab und erwirkte gegen ihn am 13. Dezember 2012 eine einstweilige Verfügung auf Unterlassen der Fotonutzung. Händler „B“ gab darauf keine Abschlusserklärung ab, so dass es zur Klage und dem Urteil vom 13. Februar 2014 kam, mit dem die Klage von Händler „A“ gegen Händler „B“ abgewiesen wurde.

Die Begründung des Landgerichts Köln

Das Interessanteste an dem Urteil ist jedoch die Begründung. Denn die umfassende Rechteeinräumung an Amazon per AGB-Klausel ist unwiksam. Es handele sich dabei um eine überraschende Klausel, die von den wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abweicht (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Abgewichen worden sei vom wesentlichen Grundgedanken des Anspruchs des Urhebers auf angemessene Vergütung (§ 11, 32 UrhG). In § 32 UrhG heißt es.

Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

Das Landgericht Köln ist der Auffassung, das Einbinden des Produktfotos in Verkaufsangebote Dritter ohne Vergütung verstoße gegen den Anspruch auf angemessene Vergütung. Diese Auffassung entspricht einer änlichen Entscheidungen des OLG Hamburg zu den umfassenden Buy-Out-Verträgen des Bauer Verlages mit Fotografen gegen eine pauschale Vergütung unabhängig vom tatsächlichen Nutzungsumfang der Fotos (siehe DESIGNSCHUZnews vom 08.07.2011).

Jetzt läge der Schluss nahe, dass Händler „B“ zum Unterlassen und auf Schadenersatz hätte verurteilt werden müssen. Denn die Rechteeinräumung von Händler „A“ an Amazon war unwirksam.

Die anders lautende Lösung hat das Landgericht Köln in der BGH-Entscheidung vom 19. April 2010 zu Vorschaubildern bei der Google-Bildersuche gefunden (siehe auch DESIGNSCHUTZnews vom 20.10.2011).

In der BGH-Entscheidung heiß es.

Die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in ein ausschließliches Verwertungsrecht ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in die rechtsverletzende Handlung eingewilligt hat. Eine solche schlichte Einwilligung setzt keine auf den Eintritt dieser Rechtsfolge gerichtete rechtsgeschäftliche Willenserklärung voraus

Einen solchen Fall der faktischen Einwilligung durch Händer „A“ sah das Landgericht Köln auch im voliegenden Fall. Denn Händler „A“ wusste, das seine Produktfotos auch bei Verkaufsangeboten anderer Händler eingebunden werden. Aus Sicht von Händler „B“ läge deshalb eine faktische Einwilligung des „A“ vor. Deshalb sei die Nutzung des Produktfotos durch „B“ nicht rechtswidrig, obwohl die Rechteeinräumung von „A“ an Amazon unwirksam ist.

Konsequenzen aus dem Urteil

  1. Sollte das Urteil rechtsfkräftig werden, wäre damit ein Ende der Abmahnerei von Amazon-Händlern untereinander wegen der Verwendung von Produktfots erreicht.
  2. Amazon muss seine AGB-Anpassen. Entweder vergütet Amazon das Einbinden der Produktfotos in Verkaufsangeboten Dritter angemessen oder verzichtet auf das Einbinden der Produktfotos in Verkaufsangeboten anderer Händler.
  3. Die Rechteinhaber an den Produktfotos haben wegen der Nutzung ihrer Fotos durch Amazon für Verkaufsangebote Dritter einen Anspruch auf angemessene Vergütung gemäß § 32 UrhG gegen Amazon. Dabei gilt eine dreijährige Verjährung. Als angemessen gelten in der Regel die MFM-Bildhonorartabellen. Diese weisen bei einer einjährigen Nutzung des Produktfotos durch online-Shops ein Honorar von 465 Euro aus.

(Quelle: Landgericht Köln Urteil vom 13.02.2014, Az. 14 O 184/13)

Autor: Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

 

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