Urteil bestätigt: Wikipedia darf Loriot-Briefmarke nicht nutzen

21. Juni 2012 | Von | Kategorie: News
Foto 2005: Nutzer Massimovonpontifex auf de.wikipedia.org

Foto 2005: Nutzer Massimovonpontifex auf de.wikipedia.org

Mit dem gestern bekannt gewordenen Urteil vom 27. März 2012 bestätigte das Landgericht Berlin  das gegen die Wikipedia Foundation Inc. per einstweiliger Verfügung verhängte Verbot der Wiedergabe von Loriot-Briefmarken in der online-Enzyklopädie.

Der 2011 verstorbene Humorist hatte der Deutschen Post AG zu Lebzeiten die Zeichnungen „Das Frühstücksei„, „Herren im Bad„, „Auf der Rennbahn“ sowie „Der sprechende Hund“ zur Nutzung auf sogenannten Wohlfahrtsmarken gestattet. Die Zeichnungen hat Vicco von Bülow alias Loriot für diesen Zweck selbst ausgewählt. Die Marken wurde laut Wikipedia am 10. Januar 2011 von Bundesfinanzminister Schäuble als Herausgeber und Bundespräsident Wulff als Schirmherr des Sozialwerkes Wohlfahrtsmarken der Öffentlichkeit vorgestellt: „Für mich ist Vicco von Bülow einer der ganz großen lebenden Deutschen im Kulturbereich, einer der ganz großen Kulturschaffenden unseres Landes“, sagte der Bundespräsident.

Die Tochter und Miterbin der Urheberrechte von Loriot sah durch die öffentliche Wiedergabe der vier Briefmarken ihre Urheberrechte verletzt. Die von ihr beantragte Verbotsverfügung wurde am 06. Oktober 2011 erlassen und jetzt bestätigt.

Auf den ersten Blick erscheint die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Das Landgericht München hatte 1987 entschieden, dass Briefmarken als amtliche Werke gemäß § 5 UrhG vom Urheberrechtsschutz ausgenommen sind. Das entspricht vermutlich auch dem Rechtsempfinden der meisten Briefmarkennutzer. Doch die frühere Bundespost wurde 1995 privatisiert und ist heute als Deutsche Post AG ein Privatunternehmen wie jedes andere. Deren Briefmarken werden nicht mehr im Amtsblatt des Bundespostministers veröffentlicht, sondern unterliegen den regulären Kriterien des Urheberrechts; so jetzt das Landgericht Berlin. Daran ändert auch die Schirmherrschaft von Bundesministern und Bundespräsidenten nichts.

Nicht verboten wurde der Wikipedia die Wiedergabe des auf seinen Werken verwendeten Schriftzuges von Loriot. Denn dessen postmortale Persönlichkeitsrechte seien dadurch nicht verletzt.

Aus prozessrechtlicher Sicht interessant ist die Auffassung des Landgerichts Berlin, dass eine E-Mail an die allgemeine Kontaktadresse der Wikimedia Foundation ausreichend ist, um die US-Stiftung nach Kenntnisnahme der Rechtsverletzung als Störerin in Haftung zu nehmen. Auch die Zustellung einer deutschen Einstweiligen Verfügung in den USA ohne Übersetzung sei wirksam, wenn Impressum und Hinweise an die Rechteinhaber innerhalb der deutschsprachigen Ausgabe der Wikipedia auf Deutsch abgefasst seien.

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(Quellen: LG Berlin, Beschl. vom 06.10.2011 zum Gz. 15 O 377/11,
LG Berlin, Urteil vom 27.03.2012 zum Gz. 15 O 377/11)

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