Wie melde ich ein Geschmacksmuster richtig an?

10. März 2011 | Von | Kategorie: Ratgeber

von Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Inhaltsübersicht:

Anmeldesoftware DPMAdirekt

  1. mehrere Darstellungen offenbaren
  2. verschiedene Darstellungen desselben Gegenstandes offenbaren
  3. Fotos
  4. neutraler Hintergrund ohne Beiwerk
  5. Computergrafiken
  6. Abwandlungen des Designs als Geschmacksmuster anmelden
  7. Anmeldung mit dem finalen Design wiederholen
  8. Anmeldung in schwarz/weiß
  9. Strichzeichnungen

 

Geschmacksmuster Elektronisch oder auf Papier anmelden?

Die Anmeldung eines Geschmacksmusters ist auf einem Papierformular oder
elektronisch möglich. Für die elektronische Anmeldung gewährt das Deutschen
Patent- und Markenamt (DPMA) einen Kostenvorteil von 10 EUR gegenüber 70 EUR auf
dem Papierformular. Dafür muss der Anmelder eine elektronische Signaturkarte mit
Lesegerät besitzen und die kostenfreie Software DPMAdirekt auf seinem PC
installieren; für den Gelegenheitsanmelder eine Zumutung. Dagegen kann das
EU-Gemeinschaftsgeschmacksmuster über die Internetseite des HABM ohne
Softwareinstallation angemeldet werden. Für ein Muster fallen dann Kosten von
350 EUR an.

Wer ist zur Geschmacksmusteranmeldung berechtigt?

Zur Anmeldung berechtigt sind der oder die Entwerfer sowie vom Entwerfer
ermächtigte Rechteinhaber. In der Anmeldung muss der Anmelder angegeben werden.
Das kann eine natürliche oder juristische Person sein. Der Anmelder ist der
spätere Inhaber und Berechtigter zur Ausübung der Rechte aus dem
Geschmacksmuster. Daneben kann die Person des Entwerfers freiwillig benannt
werden. Eine Pflicht hierzu besteht nicht. Der Entwerfer kann jedoch stets
verlangen, als solcher benannt zu werden. Erfolgte die Anmeldung ohne Zustimmung
des Entwerfers, kann er die Übertragung des Geschmacksmusters auf sich
verlangen.

 

Dürfen Ausländer und EU-Ausländer ein
Geschmacksmuster im Inland anmelden?

Ja, Ausländer dürfen in Deutschland ein deutsches Geschmacksmuster anmelden.
Das gleiche gilt für Personen und Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU für das
EU-Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Voraussetzung ist jedoch, dass für ein
deutsches Geschmacksmuster gegenüber dem DPMA ein Inlandsvertreter mit
Zustellanschrift in Deutschland und für ein EU-Gemeinschaftsgeschmacksmuster
gegenüber dem HABM ein Vertreter mit Zustellanschrift innerhalb der EU benannt
wird.

 

Muss das als Geschmacksmuster vorgesehene Design
eine besondere Schöpfungshöhe oder Originalität aufweisen?

Nein, das Geschmacksmuster muss im Gegensatz zum Urheberschutz keine über dem
handwerklich durchschnittlichen liegende Schöpfungshöhe aufweisen. Schutzfähig
ist auch bloßes Handwerk. Deshalb ist das Geschmacksmuster das richtige
Schutzrecht für Gebrauchsgegenstände wie Möbel oder Bekleidung sowie
Werbegrafiken und Corporate Designs. Das Geschmacksmuster muss lediglich eine
eigene Art von Design erkennen lassen und neu sein.

 

Muss das zum Geschmacksmuster angemeldete
Design neu sein?

Ja, Neuheit ist Voraussetzung für den Schutz als Geschmacksmuster.  Die
Neuheit wird bei der Eintragung jedoch nicht geprüft. Es kommt durch die
Eintragung zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Geschmacksmusterinhabers. Der
Plagiator oder zufällige Parallelentwerfer muss beweisen, dass es das Design zum
Zeitpunkt der Geschmacksmusteranmeldung bereits irgendwo auf der Welt gab; zum
sogenannten vorbekannten Formenschatz zählte.

Üblicherweise bestehen Designs aus einer Vielzahl von Gestaltungselementen.
Für die Neuheit ist es dann ausreichend, wenn nur einzelne Gestaltungselemente
neu sind oder Gestaltungselemente neu angeordnet oder kombiniert werden. Schutz
besteht dann jedoch nur für die Gestaltungselemente oder Neukombinationen, die
nicht zum vorbekannten Formenschatz gehörten. Ein Beispiel: Die Grundform eines
Stuhls ist seit Jahrtausenden bekannt. Neu können jedoch die Proportionen, Form
der Beine, Verzierungen, Oberflächen etc. sein. Das hat zur Folge, dass der
Schutz von Designgegenständen mit einem großen vorbekannten Formenschatz eng auf
die konkret im Geschmacksmuster wiedergegebene Form beschränkt ist. Bei
Designgegenständen mit wenigen vorbekannten Formen werden dagegen auch zum
Geschmacksmuster ähnliche Designs geschützt. Die Kontrollfrage lautet: Erweckt
das Plagiat für den informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck vom
Design oder nicht? Wird ein neuer Stil in Mode, Architektur oder Leuchtendesign
geschaffen, kann sein Erfinder einen weiten Schutz beanspruchen. Für
nachfolgende Designer innerhalb des dann nicht mehr ganz so neuen Stils wird der
Umfang des Schutzes im Laufe der Zeit immer geringer.

 

Ist ein Geschmacksmuster noch neu, wenn ich es
vor der Anmeldung öffentlich präsentiert oder in die Produktion gegeben habe?

Zugunsten des Anmelders gilt eine 12-monatige Neuheitsschonfrist.  Die
Neuheitsschonfrist greift beispielsweise, wenn der Plagiator oder sonstige
Nachahmer des Geschmacksmusters im Streitfall nachweist, dass das
Geschmacksmuster bereits vor seiner Anmeldung offenbart und deshalb nicht mehr
neu war. Erfolgte die Offenbarung früher als 12 Monate vor der Anmeldung als
Geschmacksmuster, ist das Geschmacksmuster nichtig. Der Entwerfer kann sich dann
allenfalls auf das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit seiner
lediglich dreijährigen Schutzdauer berufen, wenn dessen Voraussetzungen
vorliegen. Erfolgte die Offenbarung innerhalb der 12-monatigen
Neuheitsschonfrist vor Anmeldung, kann sich hierauf nur der Entwerfer selbst
oder der von ihm ermächtigte Anmelder berufen.

 

Welche Fehler sind bei der Wiedergabe
des Designs in der Geschmacksmusteranmeldung zu vermeiden?

Bei der Wiedergabe des Designs in der Geschmacksmusteranmeldung werden die
meisten Fehler gemacht. Denn das Geschmacksmuster gewährt Schutz nur für
diejenigen Designelemente, die im Geschmacksmuster offenbart werden, d.h.
erkennbar sind. Folgendes sollten Sie beachten:

  1. Bei räumlichen Gegenständen besteht die Gefahr, dass Gestaltungselemente auf der Rückseite und in Verwinklungen nicht erkennbar sind oder Schattenwürfe die Erkennbarkeit beeinträchtigen. Aus diesem Grunde  können von jedem Design bis zu sieben verschiedene Darstellungen eingereicht werden. Hiervon sollte unbedingt Gebrauch gemacht werden. In jedem Fall sollte eine Darstellung von vorn eine von hinten  und eine schräg von oben eingereicht werden.
  2. Wichtig ist dabei, dass es sich um Darstellungen desselben Gegenstandes handelt. Dem Unterzeichner ist es im Rahmen der Anmeldung einer Sitzmöbelkollektion beispielsweise passiert, dass Ein- und  Zweisitzer auf den Grafiken derart ähnlich aussahen, dass sie als weitere Darstellung in einem statt in verschiedenen Geschmackmustern angemeldet wurden. Dem Musteramt ist das nicht entgangen und  beanstandete die Anmeldung. Meist ist dann gegen Zahlung einer Gebühr die Aufteilung in verschiedene Geschmacksmuster möglich. Im schlimmsten Fall geht jedoch die Anmeldepriorität verloren mit der Gefahr  einer zwischenzeitlich ähnlichen Anmeldung durch Dritte oder dem Verlust der Neuheitsschonfrist.
  3. Für die Anmeldung gut geeignet sind verschiedenen Fotos mit Darstellungen des Designs. Fotos stellen das offenbarte Design realistisch und detailreich dar.
    Beispiel für fehlerhafte Eintragung; Quelle: DPMA

    Beispiel für fehlerhafte Eintragung; Quelle: DPMA

  4. Bei Fotos muss das zu offenbarende Design vor einem neutralen Hintergrund ohne Beiwerk dargstellt werden. Wenn Beiwerk zu erkennen ist, kann die Anmeldung vom Amt zurückgewiesen werden. Das ist  noch nicht die schlechteste Folge. Denn dann kann die Anmeldung wiederholt werden. Im Ergebnis schlechter ist es, wenn das zu schützende Design einschließlich des Beiwerks ohne Beanstandung eingetragen wird.  Denn dann entsteht der Schutz nur für das Muster als Ganzes einschließlich des Beiwerks. Der Schutz einer Designerleuchte ausschließlich vor einer ganz bestimmten dekorativ gestalteten Wand, dürfte in der Praxis  kaum verletzt werden. Ein solches Geschmacksmuster ist letztlich nichts wert.
  5. Aus diesem Grunde hat sich in den letzten Jahren die Anmeldung von zwei- oder dreidimensionalen Computergrafiken als die übliche entwickelt. Da viele Designs ohnehin am Computer entworfen werden, ist die Grafik bereits vorhanden bevor ein Prototyp des Designgegenstandes hergestellt wird. Auf diese Weise kann und sollte das Design unbedingt als Geschmacksmuster angemeldet werden, bevor die Entwürfe nach  China oder andere Produktionsländer versandt werden. Es geschieht nicht selten, dass solche nach China übermittelte Designentwürfe von unberechtigten Dritten als Geschmacksmuster angemeldet werden, bevor  der Entwerfer seinen Prototyp das erste Mal per Foto zu Gesicht bekommt.
  6. Sie sollten Abwandlungen des Designs als Geschmacksmuster anmelden. Denn im Rahmen der Herstellung von Prototypen werden oft Veränderungen an dem Design notwendig. Zum einen weil sich das Design mit den vorhandenen technischen Mitteln nicht realisieren lässt oder die Produktion zu teuer wäre. Dann besteht das Risiko, dass der Geschmacksmusterschutz für ein Designgegenstand besteht, der letztlich  in dieser Form nicht hergestellt wird. Bei einer Nachahmung besteht dann das Risiko, dass das eingetragene Geschmacksmuster das nachgeahmte Design nicht erfasst. Da für den Grundpreis von 60 EUR pro  Anmeldung insgesamt 10 verschiedene Designs und gegen Aufpreis von lediglich 6 EUR weitere Designs angemeldet werden können, sollte die Anmeldung von Abwandlungen nicht am Preis scheitern. Das  endgültige Design kann später innerhalb von 6 Monaten ab der deutschen Erstanmeldung unter Wahrung der deutschen Anmeldepriorität auf die gesamte EU oder auf alle Mitgliedsländer des Haager Abkommens ausgeweitet werden.
  7. Wurden keine Abwandlungen angemeldet oder weicht das endgültige Produkt vom angemeldeten Geschmacksmuster ab, sollte Sie die Anmeldung mit dem finalen Design wiederholen.
  8. Geht es um den Schutz einer äußeren Form, sollten Sie das Design in schwarz/weiß anmelden. Dann besteht der Schutz unabhängig von der farblichen Gestaltung oder Musterung des Designgegenstandes. Eine farbliche Anmeldung beansprucht dagegen Schutz in der angemeldeten Farbe. Im Verletzungsfall besteht dann die Streitfrage, ob der Schutz nur für die konkrete farbliche Gestaltung besteht oder auch für  abweichende farbliche Gestaltungen. Dieser Hinweis gilt nicht, wenn gerade der farbliche Eindruck das Gestaltungselement des Designs ist.
  9. Strichzeichnungen erfüllen meist nicht die formalen Voraussetzungen einer Geschmacksmusteranmeldung. Denn Linien müssen gleichmäßig schwarz, scharf begrenzt und nicht verwischbar sein. Schnittzeichnungen sind zulässig; sie können ergänzend fotografisch nicht darstellbare Innenkonturen von Hohlkörpern klarstellen.

Autor: Rechtsanwalt Michael Plüschke, Berlin

Anzeige:
_______________________________________________________________________________________
Ein Service der Kanzlei Plüschke, Berlin:

Ihr direkter Weg zur Designanmeldung:

 

1 Punkt2 Punkte3 Punkte4 Punkte5 Punkte (8 Bewertungen, 4,75 von 5)
Loading...

Schlagworte: , , , , , , , , , , , , , ,